Neues vom Überwachungsstaat – eine Zwischenbilanz

Paul-Georg Meister / pixelio.de

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Flüchtlinge und die AfD, dies sind die Themen über die sich alle den Kopf heiß reden. Dabei sind beides vorübergehende Phänomene. Was uns bleiben wird, sind die Dinge, die im Schatten dieser Themen durchgesetzt werden, insbesondere die Überwachung des Bürgers.

Vorratsdatenspeicherung

Hierzu habe ich schon vielfach geschrieben, zuletzt im Januar. Die Geheimdienste sollten laut unserem Justizminister, Herrn Maas, keinen Zugriff auf diese Daten erhalten. Na ja, seine Aussagen haben ja meist eine sehr kurze Halbwertszeit.

In Bayern wird dies künftig möglich sein.

Informationelle Selbstbestimmung

Dieses Recht hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1983 aus dem in Art 2 Grundgesetz (GG) niedergelegten Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Verbindung mit der Menschenwürde in Art. 1 GG abgeleitet.

Es ist das Recht jedes Menschen grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Damit ist eine Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Deshalb sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sehr strenge Kriterien an die Speicherung anzulegen.

Und hier erleben wir in den letzten Monaten immer neue Versuche diese Kriterien aufzuweichen. So fand im Februar dieses in Berlin der Europäische Polizeikongress statt. Davon haben Sie in Ihrer Zeitung nichts gelesen? Auch im Internet ist dieser an Ihnen vorbeigegangen?

Dann wollen Sie nun erfahren was Herr Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben dort gesagt hat? Ja, es ist jener Herr Altmaier, der für Frau Merkel die Flüchtlingspolitik koordiniert.

Herr Altmaier formuliert nicht mit der Brechstange wie seine Kollegen in Bayern. Er sagt z.B.:

„… Das Konzept der informationellen Selbstbestimmung müsse angesichts der ohnehin produzierten Datenflut und der Terror-Bedrohung neu gedacht werden….Altmaier forderte außerdem, dass die Mautdaten genutzt werden können, um Straftaten aufzuklären,…“

Ja, auch bei der Einführung der Maut wurde bekanntlich hoch und heilig beschworen, dass diese nie für andere Zwecke als die Erhebung der Maut genutzt werden sollen.

Gefordert hatte dies jedoch bereits im Jahre 2005 Herr Schäuble, damals Innenminister, und 2013 wieder Herr Friedrich, damals ebenfalls Innenminister. Sie erinnern sich, jener Minister, der den ihm dienstlich bekanntgewordenen Verdacht gegen Herr Edathy sofort an die SPD weitergeplaudert hat.

Und nun Herr Altmaier. Dies bestätigt nur, dass Daten, wenn sie einmal gesammelt sind ständig neue Begehrlichkeiten wecken. Denn wie sagt er so nett, dort wo Metadaten (Verbindungsdaten) und persönliche Daten anfallen, stoße der Ansatz der Datensparsamkeit an Grenzen.

Big Data

Big Data bedeutet grundsätzlich die Analyse und Auswertung riesiger Datenmengen. Wie jede Technik ist sie grundsätzlich neutral und kann für Gutes und weniger Gutes verwandt werden.

In Überwachungssystemen von Geheimdiensten wie der NSA oder dem BND können mit ihr große Datenmengen im Internet nach bestimmten Schlüsselbegriffen durchsucht werden.

Mit Big Data können aber auch in den riesigen Finanzströmen rund um die Welt Unregelmäßigkeiten und damit Betrug entdeckt werden. Auch in der medizinischen Diagnostik können mit ihrer Hilfe neue Zusammenhänge entdeckt und damit neue Behandlungsmethoden entwickelt werden.

Wichtig wird Big Data zunehmend bei der Bekämpfung von Kriminalität werden, der vorausschauenden Polizeiarbeit, d.h. bei der Feststellung wo zukünftig mit Straftaten zu rechnen ist. Auch dies ein Thema auf dem bereits angesprochenen Europäischen Polizeikongress. Über die Einbruchsoftware Precobs hatte ich ja schon berichtet.

Ja, Big Data kann sehr sinnvolle Anwendungen haben. Aber man muss aufpassen was genau geschieht.

Bundestrojaner

Nicht zu vergessen der Bundestrojaner, der seit Februar einsatzfähig ist.

Der Trojaner wird als erforderlich angesehen, um verschlüsselte Kommunikation zu überwachen. Dies geht nur, wenn die Daten vor der Verschlüsselung abgegriffen werden, also direkt in einem der beteiligten Computer. Dies nennt man Telekommunikationsüberwachung an der Quelle, kurz „Quellen-TKÜ“.

Ein 2011 entwickelter Trojaner musste gestoppt werden, weil er mehr tat als er nach dem Bundesverfassungsgericht hätte dürfen. Interessant, dass den jetzigen Trojaner bisher noch nicht mal die Bundesdatenschutzbeauftragte sehen durfte. Man wird wohl warten müssen, bis er geleakt wird. Alles nur eine Frage der Zeit.

Ob dieser den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht stellt, entsprich wird sich noch zeigen müssen. Strittig ist schon, ob überhaupt eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Einsatz vorhanden ist.

Eine solche gibt es bisher nur für eine vorbeugende Kriminalitätsbekämpfung beim Bundeskriminalamt (BKA). Für den Einsatz bei der Strafverfolgung fehlt eine solche. Und da wären wir wieder bei Herrn Maas. Dieser ist dafür zuständig, aber soweit ersichtlich hat sich sein Ministerium damit bisher nicht beschäftigt.

Man fragt sich langsam, ob er absichtlich wieder auf die Nase fallen will beim Bundesverfassungsgericht oder/und beim Europäischen Gerichtshof.

Apple/FBI

Und noch ein letztes. Die Versuche des FBI Apple zur Entsperrung eines iPhone zu bewegen. Es handelt sich hier um das Handy des Terroristen von San Bernardino in Kalifornien. Das FBI fordert von Apple die Erstellung einer Software um in das Handy eindringen und die Sicherheitsmechanismen auszuschalten zu können.

Dies wäre natürlich für viele sonstige Handys ebenfalls anwendbar. Hinzu kommt, dass von einer Behörde (welche wurde mir nicht so ganz klar) das Passwort geändert hat, so dass damit die Sache unnötig kompliziert wurde.

Ursprünglich ging es angeblich nur um dieses eine iPhone. Inzwischen wurde klar, dass es um mindestens ein Dutzend geht. Es gibt widersprüchliche Gerichtsentscheidungen. Der Sachverhalt insgesamt ist verworren, zumal sich das FBI auf ein Gesetz aus dem 18. Jahrhundert stützt.

Klar ist jedenfalls, dass das FBI, wie alle Sicherheitsdienste und Polizeien am liebsten jede Verschlüsselung aushebeln will. Geheimnisse sollen nur dem Staat vorbehalten bleiben.

Fazit

Die Überwachung kommt näher. Mit jedem Terroranschlag versuchen manche Politiker immer mehr Überwachung durchzusetzen ohne zu überlegen, ob dies dem eigentlichen Ziel überhaupt dienlich ist.

Hiergegen müssen wir immer wieder angehen.