Der Zweck heiligt die Mittel (16.02.2014)

Was haben der Kauf von Steuer-CDs und Herr Edathy gemeinsam? Die verlotterte Moral einzelner Würdenträger dieses Staates. Die Missachtung der Rechte des Bürgers zu Gunsten des großen Ganzen.

Steuergeheimnis? Unschuldsvermutung? Schweigepflicht? Wozu, es gibt immer irgendeinen moralischen Zweck, um diese und andere Rechtsgrundsätze zu brechen.

Da werden Steuervorgänge plötzlich öffentlich. Und es gibt quer durch die Republik bestenfalls eine klammheimliche Freude darüber, dass es Institutionen wie Frau Schwarzer oder die Herren Hoeneß oder Sommer erwischt hat. Und wie kommt es, dass bei Haudurchsuchungen wie bei Herrn Zumwinkel oder bei Herrn Edathy die Medien sofort vor Ort sind?

Was ist dies anders als die Inszenierung einer medialen Vorverurteilung? Und zugleich die Warnung an jeden Bürger: Wenn Du Dich nicht so verhältst wie wir es erwarten, dann verfolgen wir Dich nicht nur mit rechtlichen Mitteln, sondern sorgen dafür, dass es alle Deine Nachbarn in den Medien sehen können!

Wieso wird das finanzielle Interesse des Staates am Ankauf der Steuer-CDs höher bewertet als die Verletzung von Völkerrecht oder Strafrecht? Hier wird unter dem Deckmantel einer höheren Moral Recht gebrochen und viele Bürger jubeln dem zu. Es trifft ja nur die Großkopfeten und die Selbstherrlichen. Endlich wird durchgegriffen.

Überhaupt, ist eine Hausdurchsuchung bereits deshalb gerechtfertigt, weil der Name auf einer Steuer-CD auftaucht oder in einer dubiosen Kundenliste einer dubiosen kanadischen Firma? Wie wenig bedarf es um einen Verdacht zu haben, der solche Maßnahmen rechtfertigt?

Da hat Herr Edathy sich Bilder bestellt, die auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft keine Kinderpornographie nach deutschem Recht sind. Aber wer solche Bilder hat, könnte ja auch schlimmeres haben, also durchsucht man mal.

In Rheinland-Pfalz hat ein Bürger Verfassungsbeschwerde eingelegt gegen die Durchsuchung, nur weil sein Name auf einer Steuer-CD stand. Das Verfassungsgericht in Rheinland-Pfalz hat die Beschwerde zur Entscheidung angenommen. Das Ergebnis wird interessant sein. Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof sagte „der Kauf von Steuersünder-Dateien durch den Staat ist ersichtlich rechtswidrig.“

Aber von der neuen Koalition werden Steueroasen als Gefährdung der Demokratie hingestellt und der Kampf gegen Steuerhinterziehung zur Staatsräson erhoben, wie Herr Oppermann der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag in einem Interview sagte. Da sind doch eindeutig die Maßstäbe verrutscht. Nein, in Wirklichkeit geht es hier zum einen darum den Staatsmoloch mit ständig neuen Geldern zu füttern und zum anderen geht es um die blanke Ausübung von Macht.

Oder ist es ein Zufall, dass der heftigste Kämpfer für die Steuer-CDs, der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen im Jahre 2013 die höchste Neuverschuldung in seinem Landeshaushalt aufwies?

Und der inzwischen zurückgetretene Herr Friedrich, früher Innen-, zuletzt Landwirtschaftsminister. Er hatte in seiner Zeit als Innenminister nichts Besseres zu tun als einen ihm dienstlich bekannt gewordenen Verdacht gegen den SPD-Abgeordneten Herrn Edathy sofort an Herrn Gabriel weiterzugeben. Er habe dies wegen der politischen Dimension getan.

Herr Friedrich wollte somit der SPD einen Gefallen tun, damit nicht ein Politiker in ein Amt kommt, der möglicherweise Probleme mit dem Gesetz hat. Dies ist jedoch kein Grund ein Amtsgeheimnis zu brechen. Er hätte darauf dringen müssen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft beim Bundestag die Aufhebung der Immunität beantragt oder er hätte den Mund halten müssen. Das Amtsgeheimnis unterliegt nun mal nicht dem politischen Opportunismus.

Aber nein, Herr Minister Friedrich hat den Weg von Klatsch und Tratsch gewählt. Er ist zu Recht zurückgetreten.

Aber was ist mit Herrn Oppermann, der von Herrn Gabriel informiert wurde und den ich bereits oben bei der Staatsräson zur Steuerzahlung erwähnt habe?

Herr Oppermann hatte zunächst nichts Besseres zu tun als beim Chef des Bundeskriminalamtes anzurufen und nachzufragen, was denn an der ihm gegebenen Information dran sei. Nun sollte man zunächst wissen, dass der Chef des BKA, Herr Ziercke, auch der SPD angehört. Er hat sich vielleicht erhofft, von Parteifreund zu Parteifreund nähere Informationen zu erhalten.

In einer ersten Erklärung hat er folgendes geäußert: „Ich habe mir diese Informationen im Oktober 2013 in einem Telefonat von BKA-Präsident Jörg Ziercke bestätigen lassen.“

Herr Ziercke hat sich dazu wie folgt geäußert: „Diese Darstellung habe ich mir angehört, aber Herrn Oppermann diese weder bestätigt noch Informationen zum Sachverhalt mitgeteilt.“

Wenn das nicht ein veritabler Widerspruch ist, der einen zu dem Ergebnis bringt, dass einer von beiden nicht die Wahrheit sagt? Und natürlich rudert Herr Oppermann auch schon zurück: Herr Ziercke habe ihm keine Einzelheiten genannt, dieser habe die Informationen nicht kommentiert.

Die erste Mitteilung von Herrn Oppermann war demnach falsch. Sie sollte wohl als Nebelkerze wirken, aber der Nebel hat sich schneller verzogen als Herrn Oppermann lieb sein konnte.

Wer so die Öffentlichkeit an der Nase herumführt kann auch nur zurücktreten.

Diese Politiker, ich schreibe bewusst nicht die Politiker, tragen dazu bei, dass die Politik bei den Menschen in Verruf gerät. Wenn das Gesetz nur noch dann einzuhalten ist, wenn es opportun ist, wenn Steuerbetrug mit Kapitalverbrechen gleichgesetzt, ja sogar schlimmer als diese angesehen wird (Staatsräson), dann hat der Bürger irgendwann das Gefühl, dass es einigen Personen nur noch um die Macht und die Mittel zu deren Erhaltung geht.

Dies gilt auch dafür, dass dieselben Politiker gegen die Ausspähungen der NSA wettern, die in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung einführen wollen. Die eine Rentenwohltat, mit einem Rechtsbruch begonnen haben. Die Große Koalition ist wahrlich kein Segen für dieses Land.

Und was tut der Bürger? Er wendet sich mit Grausen und wird bei der Europawahl seinen Protest zum Ausdruck bringen. Sozusagen auch als Mittel zum Zweck.