Rüstungsexporte und die Freiheit

olga meier-sander  / pixelio.de

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„Es ist ein unfassbarer Skandal, was Frau Merkel macht. Sie redet vom Frieden und der Demokratiebewegung in Saudi-Arabien und unterstützt mit Panzern die Diktatur in Saudi-Arabien“, so Herr Gabriel im Dezember 2012.

Dies war eine Reaktion auf einen Bericht im SPIEGEL, dass Saudi-Arabien mehrere hundert Radpanzer kaufen will. Die Entscheidung war im Bundessicherheitsrat auf das Jahr 2013 verschoben worden.

Der Sprecher der Bundesregierung, Herr Seibert, bezeichnete damals Saudi-Arabien als Stabilitätsfaktor in der Region und betonte dessen Beitrag zu einer friedlichen Lösung der Krise im Jemen. Auch im Kampf gegen den Terrorismus arbeite Saudi-Arabien gut mit Deutschland zusammen, erklärte er. In grundsätzlichen Menschenrechtsfragen gebe es unterschiedliche Auffassungen zwischen den Regierungen beider Länder, diese Fragen würden aber bei Begegnungen immer angesprochen.

Nun, heute wissen wir, dass es im Jemen nicht friedlich blieb und es ist auch kein Geheimnis, dass Saudi-Arabien mit dem Export seiner wahabistischen Auslegung des Islam den Terror auf der Welt fördert. Aber dies wäre ein anderer Artikel und deshalb zurück zu den Rüstungsexporten.

Es gab ja nach den Wahlen im Jahre 2013 einen Regierungswechsel. Herr Gabriel wurde Wirtschaftsminister. Im SPD-Regierungsprogramm (S. 110) klang dies wie folgt:

„… Wir wollen zurück zu den restriktiven Exportrichtlinien der rot-grünen Regierungszeit. Rüstungsexporte in Krisengebiete und in Länder, in denen die Menschenrechte massiv missachtet und verletzt werden, lehnen wir ab. Eine Ausweitung von Rüstungsexporten aus wirtschaftlichen Gründen und als Ersatz für eine gestalterische Außenpolitik lehnen wir entschieden ab. Dies bedeutet auch, ein parlamentarisches Gremium im Deutschen Bundestag zu schaffen, das bei zentralen Waffenexportentscheidungen die Bundesregierung kontrolliert und das zeitnah Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit herstellen kann. Eine mögliche Weitergabe aus Deutschland exportierter Waffen an Dritte ist wirksam zu kontrollieren und Verstöße gegen Endverbleibsklauseln sind streng zu sanktionieren. …“

Im Koalitionsvertrag vereinbarte man das Folgende (S. 17):

„… Bei Rüstungsexportentscheidungen in sogenannte Drittstaaten sind die im Jahr 2000 beschlossenen strengen „Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ für unser Regierungshandeln verbindlich. Über ihre abschließenden Genehmigungsentscheidungen im Bundessicherheitsrat wird die Bundesregierung den Deutschen Bundestag unverzüglich unterrichten. Die Entscheidung darüber, wem gegenüber die Unterrichtung erfolgt, liegt beim Deutschen Bundestag. Darüber hinaus werden wir die Transparenz gegen über Parlament und Öffentlichkeit durch Vorlage des jährlichen Rüstungsexportberichtes noch vor der Sommerpause des Folgejahres und eines zusätzlichen Zwischenberichts verbessern …“

Kleine, aber feine Unterschiede. Insbesondere der Endverbleib wird im Koalitionsvertrag nicht mehr angesprochen.

Und die Praxis?

Wir schreiben nun das Jahr 2015, es war Zeit dies alles umzusetzen. Und was muss ich da auf Spiegel-Online lesen:

„Das Jahr 2015 könnte für deutsche Rüstungsexporte zum Rekordjahr werden: Die bewilligten Ausfuhren im ersten Halbjahr lagen fast so hoch wie im gesamten Vorjahr …“

Im ersten Halbjahr genehmigt der Bundessicherheitsrat demnach Exporte in einem Gesamtwert von 6,35 Mrd. EURO. Im den Jahren 2014 und 2013 (jeweils für das ganze Jahr) lagen die Zahlen bei 6,52 Mrd. und bei 8,34 Mrd.

Upps! Und wohin gehen die Waffen?

Zunächst ist festzuhalten, dass der Hauptempfänger dieses Mal Großbritannien war. Es erfolgte eine Genehmigung für vier Tankflugzeuge, die natürlich den Wert insgesamt sehr nach oben trieben.

Weiter ist festzuhalten, dass die Exporte nach Israel und Katar sanken.

Deftig erhöht haben sich die Genehmigungen für Ägypten, Algerien, Irak, Kuwait, Oman und Saudi-Arabien.

Algerien bekommt demnach vor allem LKW und Funkgeräte. Kuwait erhält 12 Spürpanzer Fuchs. Bei Saudi-Arabien soll es im Wesentlichen um Fahrzeugkomponenten gehen, z.B. um Fahrgestelle für von Frankreich gelieferte unbewaffnete Transporter. Es seien erneut keine Lieferungen von Panzern, G36-Gewehren oder sonstige Kleinwaffen genehmigt worden.

Bereits im Juni hatte die WELT weitere Details berichtet:

Es sei die Lieferung von 15 Patrouillenbooten nach Saudi-Arabien genehmigt worden. Weiter jeweils ein Kampfpanzer an Katar und Oman.

Saudi-Arabien wolle mit den Schiffen seine Offshore-Ölplattformen gegen Angriffe etwa von IS-Terroristen schützen. Das sei „ein legitimes Interesse“, so Regierungskreise. Mit den Booten könnten weder Menschenrechtsverletzungen begangen noch Oppositionelle unterdrückt werden. Einige der Boote seien mit rein defensiven Waffen nur zur Selbstverteidigung ausgestattet.

Die Panzer für Katar und Oman seien nur zu Erprobungszwecken ausgeliehen. Damit sei kein Präjudiz für eine Genehmigung verbunden. Und diese dürften nicht militärisch eingesetzt werden.

Der Rüstungsexportbericht 2014 ergeht sich ebenfalls vor allem in allgemeinen Floskeln wie „Die Bundesregierung sucht gleichwohl nach Möglichkeiten, das gegenwärtige System der Endverbleibskontrolle weiter zu verbessern. Die ressortübergreifenden Beratungen dazu sind aufgenommen und im Gange.“

Fazit

Es hat sich nichts geändert, allen großen Worten zum Trotz.

Grundsätzlich ist gegen Rüstungsexporte in verbündete NATO-Staaten oder sonstige befreundete Länder wie Schweden oder Israel (oh, hier höre ich die ersten Aufschreie) nichts einzuwenden.

Es will mir jedoch nicht in den Kopf, dass Exporte in Länder stattfinden, die Terroristen fördern und/oder deren geistige Grundlage liefern. Dass Saudi-Arabien heute von den von ihm selbst gezüchteten Terroristen angegriffen wird, tja so ist das Leben. Und es ist inakzeptabel, dass dieses Land noch immer seine hinterwäldlerische Auslegung des Islam exportiert und damit für regen Nachwuchs für die Terroristen sorgt.

Es kann mir keiner erzählen, dass es der Stabilität dient, wenn man solche Länder aufrüstet. Patrouillenboote lassen sich doch gut vor dem Jemen einsetzen, zumindest bis die Iraner mit etwas größeren Schiffen kommen. Und dann muss man wahrscheinlich wieder helfend eingreifen.

Dieses vordergründige Stabilitätsdenken muss endlich aufhören. Es sind demokratische Länder zu unterstützen und da fällt mir in Nahost nun mal nur Israel ein.

Vor allem ist die Zivilgesellschaft in den anderen Ländern zu unterstützen, auch wenn man dann der Einmischung in innere Angelegenheiten beschuldigt wird.

Was haben die Menschen auf dem Tahrir-Platz in Kairo und anderswo auf den Westen gehofft und sicher hat auch Herr Badawi gehofft, dass sich der Westen stark für ihn einsetzt. Sie wissen schon, der Blogger, der in Saudi-Arabien u.a. zu 1.000 Peitschenhieben verurteilt wurde.

Und was tun wir, wir schicken den Regierungen Waffen. Nein, dies ist keine Werbung für die Freiheit.