ECall, endlich kann bald jedes Auto geortet werden (03.05.2015)

Ja ich weiß, angeblich kommt es nur zum Einsatz bei einem Verkehrsunfall. Dann löst es automatisch einen Alarm aus und ruft um Hilfe. Aber z.B. die Versicherungswirtschaft hat bereits erste Begehrlichkeiten erkennen lassen.

Was tut ECall?

„… Sobald das eCall-Gerät in Ihrem Auto einen ernsthaften Unfall (wie wird das definiert?) detektiert, initiiert es automatisch einen 112-Notruf zur nächsten Rettungsleitstelle und überträgt die Position und andere Daten. Ebenso kann der eCall manuell durch Drücken eines Notrufknopfes ausgelöst werden. Das ist zum Beispiel dann hilfreich, wenn Sie Zeuge eines Unfalls werden. In beiden Fällen – automatischer oder manueller Notruf – wird neben der automatischen Datenübertragung eine Sprachverbindung zwischen dem Fahrzeug und der Rettungsleitstelle aufgebaut. In dem Fall kann ein Fahrzeuginsasse, der in der Lage ist zu antworten, weitere Unfalldetails durchgeben. …“

Durch den unverzüglichen Alarm und die Kenntnis des konkreten Unfallorts soll die Reaktionszeit der Rettungskräfte im ländlichen Raum um 50 % und in städtischen Gebieten um 50 % verkürzt werden. Dadurch sollen 2.500 Todesfälle vermieden und die Verletzungen von zehntausenden vermindert werden. Im Jahre 2014 starben europaweit ca. 25.000 Menschen bei Verkehrsunfällen. Ob da auch Radfahrer und Fußgänger mitgezählt sind? Bekommen die früher oder später auch so ein Gerät?

Das Europäische Parlament hat am 28.04.2015 mehrheitlich beschlossen, dass Ecall ab dem 31.03.2018 Pflicht in allen neuen PKW-Modellen ist. Es besteht aus einer Mobilfunkeinheit, einem GPS-Empfänger und einem Antennenanschluss. Übermittelt werden neben dem Standort der Unfallzeitpunkt, die Zahl der Insassen (wie stellt das System das fest und was kann es noch alles feststellen?) und die Art des Treibstoffs.

Ausgelöst wird es bei einem ernsthaften Unfall, andere schreiben von einem schweren Unfall. Dies unterscheidet das System durch diverse Sensoren und Sicherheitstechniken des PKW, mit denen es verbunden ist.

Angeblich kostet es weniger als 100 EURO je Fahrzeug.

Es soll in der gesamten Europäischen Union sowie in der Schweiz, Norwegen und Island eingeführt werden. Ob das System dann z.B. in Deutschland auch erkennt, wenn es sich um ein spanisches Fahrzeug handelt und die Insassen dann auf spanisch anspricht?

Kritik

Prinzipiell kann das System ständig Daten sammeln, Bewegungsprofile erstellen und weiterleiten.

Glauben soll man, dass es sich um ein schlafendes System handelt, das erst aktiv wird, wenn sich ein ernsthafter Unfall ereignet. Einhacken und das System von außen zu aktivieren ist natürlich nicht möglich, auch nicht der Zugriff auf Sensoren und Sicherheitssysteme, deren Daten ECall überwacht.

Ja, wir glauben alle an den Weihnachtsmann.

Interessant was der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft schreibt:

„… Für den Verbraucher ist nun der nächste Schritt entscheidend: Die EU-Kommission ist jetzt beauftragt, die technische Schnittstelle für den Austausch von Kfz-Daten zu prüfen und ggf. zu regeln. Damit Autofahrer in Zukunft frei entscheiden können, ob und wem sie ihre Daten zur Verfügung stellen, ist eine so genannte offene und standardisierte Schnittstelle nötig, …“

Hä, die Schnittstelle wird erst noch entworfen? Gerade hier kann noch viel Schindluder mit der Weitergabe der Daten betrieben werden.

Und wieso soll der Autofahrer frei entscheiden können, ob und wem er seine Daten zur Verfügung stellt? ECall ist zwingend und mit einer Rettungsleitstelle zu verbinden. Andere kommen nicht in Frage. Der Autofahrer kann es weder abschalten (ein entsprechender Antrag der FDP wurde im Europaparlament abgelehnt) noch kann er darüber bestimmen, wo seine Daten hingehen.

Die Versicherungswirtschaft denkt somit definitiv schon weiter, wie sie die Daten permanent nutzen kann, ggf. für neue Modelle in der KFZ-Versicherung. Schön, dass dies so offen gesagt wird.

Es ist nur eine Frage der Zeit bis auch die Sicherheitsbehörden ihre Begehrlichkeiten erkennen lassen werden. Das geht dann vielleicht sogar einfacher als über ein satellitengestütztes Mautsystem, dass manche so gerne gehabt hätten.

Ach ja, was die verkürzten Rettungszeiten angeht: Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die Ersten feststellen, dass es hier Einsparpotentiale gibt und dann die Rettungskräfte ausdünnen.