Menschen nach Maß und warum die Hysteriker unrecht haben (26.04.2015)

Chinesischen Forschern der Sun Yat-sen University in Guangzhou soll es das erste Mal gelungen sein Embryos im Labor genetisch zu verändern. Dies wurde durch ein neues Verfahren namens CRISPR möglich.

Die Wissenschaftler wollten untersuchen, ob es möglich ist, die Blutkrankheit ß-Thalassämie bereits im befruchteten Ei zu beseitigen. Mit einem Eingriff in das Erbgut im Embryo verändert man das Erbgut aller Körperzellen, da diese sich aus den Zellen des Embryos entwickeln. Dies gilt selbstverständlich auch für Spermien oder Eizellen, so dass diese neuen Erbanlagen auch an Kinder und Enkel, d.h. an alle weiteren Generationen weitergegeben werden.

Die neuen Verfahren wie CRISPR ermöglichen Änderungen am Erbgut in einfachster Weise. CRISPR arbeitet vor allem mit Enzymen, die an den gewünschten Stellen im Erbgut andocken und einzelne Bausteine oder Abschnitte herausschneiden oder einfügen. Bei früheren Methoden mussten Gene z.B. mittels manipulierter Viren (sog. Genfähren) ins Erbgut gebracht werden, sie an die richtige Stelle zu bringen, war wesentlich schwieriger.

Dieses neue Verfahren wurde im Jahre 2013 von zwei Forscherinnen, Jennifer Doudna in Kalifornien und Emmanuelle Charpentier in Schweden unabhängig voneinander entwickelt. Beide gelten seitdem als Kandidatinnen für einen Nobelpreis. Es brach ein regelrechter Hype in den Laboren aus. So wurde gesagt, dass man früher anderthalb Jahre benötigte um eine genmanipulierte Maus zu entwickeln, nun sei dies in drei Wochen möglich.

Es gibt Pläne damit ein Gen zu verändern, das erblich eine Anfälligkeit für Herzinfarkte hervorruft. Es wird überlegt, ob man mit diesem Verfahren nicht längst ausgestorbene Tiere, wie das Mammut, wieder zum Leben erwecken kann.

In der jetzt veröffentlichten Studie arbeiteten chinesischen Wissenschaftler mit 86 Embryonen, die in einer Fruchtbarkeitsklinik als nicht überlebensfähig sozusagen aussortiert worden waren. Die Behandlung war bei weniger als 28 erfolgreich.

Dafür fanden die Forscher Genveränderungen, die nicht geplant waren und dem Organismus hätten schaden können. „Wenn man die Methode in einem überlebensfähigen Embryo anwenden möchte, braucht man eine Erfolgsrate von fast 100 Prozent“, erklärt einer der Forscher auf der „Nature“-Webseite. Die Forscher hätten die Versuche mit den Embryonen deshalb vorerst gestoppt, um ihre Methode zu verbessern.

Weitere Veröffentlichungen anderer Forscherteams in China und in den USA werden erwartet

Bisher galt solche Forschung als Tabu. Spätestens Mitte März dieses Jahres wurde klar, dass dies nicht mehr der Fall ist. Zu diesem Zeitpunkt wandten sich Forscher und Biotechfirmen an die Öffentlichkeit. Sie forderten ein Moratorium für diese Forschung.

In einem Kommentar in der Nature wurde gefordert, die Versuche anzuhalten, um zu diskutieren, in welche Richtung es gehen kann.

Ebenfalls in Nature wurde Anfang März von einem Verband, der Alliance for Regenerative Medicine, ein noch weiter gehendes Moratorium angeregt. Demnach sollten auch Laborversuche eingestellt werden, denn sie seienlic “gefährh und ethisch inakzeptabel“. Zu diesem Verband gehören große Pharmafirmen bzw. deren Tochterfirmen, wie Sanofi oder Johnson und Johnson. Sahen da einige ihre Felle wegschwimmen und hängten sich ein moralisches Mäntelchen um?

Die Autoren des neueren Aufrufs in Science, gehen nicht so weit. Sie wollen die Grundlagenforschung fortsetzen, damit geklärt wird, „welche klinischen Anwendungen, wenn überhaupt, in Zukunft als akzeptabel angesehen werden könnten“. Organisiert wurde diese Stellungnahme von Jennifer Doudna, einer Biologin von der University of California in Berkeley, die zu den Entdeckern der CRISPR-Technologie gehört.

Nur, ist die Empörung über diese Forschung wirklich berechtigt und wäre ein Verbot realistisch? Man liest hier schon wieder von apokalyptischen Prophezeiungen, dass Sklavenmenschen oder Ersazteillagermenschen unter dem Deckmantel der Heilung von Erbkrankheiten geschaffen werden sollen. Auch wird prophezeit, dass man sich seine Kinder designen könnte, nach Augenfarbe, Körpergröße oder welchem Merkmal oder Eigenschaft auch immer.

Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass man dies verhindern könnte, in dem man ein Gesetz formuliert, dass solches verbietet? Es wird sich, angesichts der technischen Einfachheit, immer eine Hinterhofklitsche finden, die solches anbietet, wie heute sich immer wieder eine solche findet, die Organe entnimmt.

Es wird im Zweifel nicht an der Fähigkeit zur Veränderung eines Gens scheitern. Es wird aber auf lange Sicht in den meisten Fällen daran scheitern, dass das Zusammenspiel verschiedener Gene wie auch das Zusammenspiel von Genen und Umwelt nicht geklärt ist. Hier gibt es viele Hypothesen, aber wenig Gewissheit.

Nicht ohne Grund haben die chinesischen Forscher ihre Versuche eingestellt, weil sie feststellten, dass sie Veränderungen hatten, die sie nicht wollten und das was sie wollten oft nicht erreichten.

Über Laborversuche kommt man deshalb auf absehbare Zeit ohnehin nicht hinaus. Die Interaktion zwischen Genen und diesen wiederum mit der Umwelt muss erst mal verstanden werden.

Die Laborversuche durchzuführen scheint mir aber sinnvoll, denn es spricht nichts dagegen mit Hilfe solcher Methoden Erbkrankheiten beizukommen, wenn dies auch noch viele Jahre auf sich warten lassen wird. Die Erfolgsprognosen kommen mir hier so vor, wie beim Schnellen Brüter in der Atombranche, die vor fünfzig Jahren versprach, dass dieser in 25 Jahren (also heute vor 25 Jahren) funktionieren werde, und nunmehr das Jahr 2050 dafür prognostiziert.

Zugleich muss man natürlich die Diskussion darüber führen, ob man ein Menschendesign zulassen will und wo z.B. die Grenze zwischen Heilung und Design genau liegt. Dass man es nicht zulassen kann, dass Menschen als Ersatzteillager geschaffen werden, sollte klar sein. Und die Befürchtung über die Züchtung von Sklavenmenschen hat sich durch die rasante Entwicklung von Robotern ohnehin erledigt.

Aber wie gesagt man sollte von einem Verbot nicht darauf schließen dass es nicht getan wird, das Problem gibt es bekanntlich mit allen Tatbeständen im Strafgesetzbuch. Und dass Dinge oder Methoden, die segensreich sein können, auch missbraucht werden können, ist ebenfalls nichts Neues. Sie deshalb aber zu verbieten gehört eher in die Kategorie Unsinn.

Ach ja, dass die Evolution, also die Natur, seit Ewigkeiten Veränderungen bei den Genen vornimmt, sollte man vielleicht mal in die Überlegungen miteinbeziehen.