Respekt (04.05.2014)

Jeder fordert Respekt, aber viele sind nicht bereit diesen anderen zu zollen. Es häufen sich Berichte darüber, dass insbesondere Rettungskräfte wie Sanitäter, Notärzte, Feuerwehrleute, aber auch Polizisten bei ihrer täglichen Arbeit angegriffen werden, verbal wie körperlich.

So ergab eine Umfrage der Ruhruniversität Bochum im Jahre 2012 unter Rettungsdienstmitarbeitern in Nordrhein-Westfalen, dass 98 % der Befragten bei ihrer Arbeit körperlich oder verbal angegriffen wurden. Solche Übergriffe finden vor allem in Großstädten statt.

Ähnliches ergab eine Umfrage des Malteser Hilfsdienstes, ebenfalls im Jahre 2012, unter Rettungskräften in ganz Deutschland. Mehr als die Hälfte teilte mit, dass die körperlichen Angriffe bei Hilfseinsätzen angestiegen sind. Es gibt inzwischen Notfallambulanzen, in denen es keine Glasflaschen, sondern nur noch Plastik gibt.

Dasselbe wird auch bei Polizisten festgestellt. So ergibt sich aus einem internen Bericht des Bundeskriminalamtes ebenfalls ein Anstieg der Angriffe.

Für Nordrhein-Westfalen teilt die Gewerkschaft der Polizei mit, dass die Zahl der gewaltsamen Übergriffe im Jahr 2013 um 500 Fälle auf 7092 gestiegen ist. Die Zahl der beleidigten, bespuckten, getretenen oder geschlagenen Polizisten stieg von 10.831 auf fast 12.000.

Die meisten Angriffe finden bei Routineeinsätzen wie Festnahmen, Personen- und Verkehrskontrollen, Einsätzen wegen Ruhestörung und bei Demonstrationen und Fußballspielen statt. Dass in bestimmten Stadtteilen, mit bestimmten Migrantengruppen sich die Probleme nochmals potenzieren ist ein eigenes Thema, das den hiesigen Rahmen sprengen würde.

Die Täter sind häufig alkoholisiert, meist männlich, zwischen 20 und 39 Jahren.

In der Politik ist das Problem angekommen. Laut dem Innenministerium des Bundes soll es Verbesserungen bei Einsatzkleidung und Schutzausstattung geben, evtl. auch Änderung der strafrechtlichen Vorschriften. In der Innenministerkonferenz wird gegenwärtig die Erhöhung der Strafbarkeit aus dem Jahre 2011 evaluiert. Dies soll 2015 abgeschlossen sein.

Der Beamtenbund fordert ebenfalls eine Verschärfung des Strafrechts, ebenso die Deutsche Polizeigewerkschaft wie auch die Gewerkschaft der Polizei. Es handele sich um einen staatlichen Autoritätsverlust, dem die Rettungsdienste wohl auch deshalb zum Opfer fallen, weil sie durch ihre Uniformen als Repräsentanten des Staates empfunden werden, so die Deutsche Polizeigewerkschaft.

Aus der Politik kommt der Vorschlag eines runden Tisches mit allen Beteiligten oder die Forderung nach schnelleren Gerichtsentscheidungen. Ebenso die Forderung nach einer optimalen Ausstattung, einer bestmöglichen Aus- und Fortbildung und mehr Unterstützung durch die Politik.
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Wenn Sie mich fragen, alles hehre Sprüche, gut gemeint, aber wenig hilfreich. Keiner der Täter wird darüber reflektieren wie er bestraft werden könnte, schon gar nicht, wenn er betrunken ist oder die Rechtsordnung ohnehin nicht akzeptieren will. Der ständige Ruf nach strengeren Strafen bringt überhaupt nichts.

Viel wichtiger, und zugegeben viel schwieriger, ist es, ein Bewusstsein zu schaffen, das den Rettungsdiensten und auch der Arbeit der Polizei Respekt zu zollen ist. Ein Bewusstsein zu schaffen, dass das Gewaltmonopol des Staates wieder akzeptiert wird.

Und dies ist der Punkt, in dem die Politik vorangehen muss. Sie muss aufhören Gewalt in Städten wie Hamburg oder Berlin an bestimmten Tagen oder in bestimmten Situationen als gottgegeben hinzunehmen.

Ich denke an die schon üblichen Krawalle Ende April/Anfang Mai, wo es als Erfolg gilt, wenn nur einige wenige Autos abgefackelt werden.

Ich denke an Berlin-Kreuzberg, wo man vermuten könnte, dass dort schon ein eigenes Stammesrecht gilt.

Und ich denke an die regelmäßigen Wochenendrituale in und um Fußballstadien.

Überall darf Recht gebrochen, dürfen andere Menschen verletzt werden, ohne dass die Politik das Recht wirklich durchsetzen will. Vielmehr wird ständig beschwichtigt und werden Lösungen außerhalb der Legalität gesucht, aber nicht gefunden. Man beschwert sich dann in Kreuzberg z.B. darüber, dass sich Drogendealer nicht an die Vereinbarung gehalten haben, Rauschgift nicht auf Kinderspielplätzen zu verstecken.

Man muss sich nicht wundern, dass es keinen Respekt gibt, wenn man keinen verlangt. Man muss sich auch nicht wundern, dass dies Kreise zieht und immer mehr Bevölkerungsgruppen erfasst, die einen als Täter, die anderen als Opfer.

Und natürlich hat es mit dem Vorbild zu tun. Und hier wird es jetzt schwierig, weil ich mich nicht in die Reihen derjenigen einreihe, die pauschal alle Politiker und Wirtschaftsrepräsentanten verdammen, also bitte keinen Beifall von den falschen Personen.

Aber es hat damit zu tun, dass einige, und die bestimmen nun mal die Schlagzeilen, versucht haben alles zusammen zu raffen, aber für die Folgeschäden keine Verantwortung übernehmen wollen.

Hier ist anzusetzen, am Handeln der Eliten, am Bewusstsein der Menschen und nicht am Strafrecht. Aber dies ist natürlich schwieriger als schnell mal die Höchst- oder Mindeststrafe zu erhöhen.

Und es ist langwieriger, weil viele dieser Respektlosen, dies bereits in der Schule gelernt haben. Weil hier die Lehrer von der Kultusbürokratie oft genug allein gelassen werden mit aggressiven Schülern und Eltern. Dies fängt in den Grundschulen an, zu denen man dieses Wochenende lesen darf, dass sich kaum noch Lehrer finden, die Rektor werden wollen. Aber auch dies ist wieder ein gesondertes Thema.

Nur so jedoch lässt sich Respekt wieder erwerben. Dass bis dahin weiterhin die leiden müssen, die den Respekt besonders verdient haben, die Rettungskräfte, ist das traurige Resultat eines falsch verstanden Laisser-faire.