Alles wird smart, auch der Verkehr. Smarter Verkehr heißt hier das Stichwort. Wird die Stadt damit wieder autogerecht, wird das Auto mit dem öffentlichen Nahverkehr und dem Fahrrad vernetzt oder was wollen uns die Gaukler der Zukunft damit sagen?
Wie könnte das aussehen?
Das selbstfahrende Auto holt mich vor der Haustüre ab, ich muss es nicht mehr langwierig aus der Tiefgarage deichseln. Es fährt mich zu einem Park-and-Ride-Platz oder direkt in die Innenstadt. Beim öffentlichen Nahverkehr muss ich per Smartphone dem Bus signalisieren, dass er hält. Sonst fährt er durch. Vielleicht kann dies aber auch das Auto oder das smarte Fahrrad übernehmen, wenn es weiß, dass es zu einem Park-and-Ride-Platz fährt.
Fahrräder werden in Bus und Bahn nicht mehr mitgenommen, weil es überall Fahrradgaragen mit Mieträdern gibt. Es gibt Apps, die mir nach dem Aufstehen sofort signalisieren, wo Staus sind und ob ich besser den öffentlichen Nahverkehr benutze. Die App sagt mir auch, wie ich zur Haltestelle komme.
Könnte damit wirklich der Berufsverkehr entzerrt und die Feinstaubbelastung reduziert werden? Dazu müssen aber alle Daten in einem Leitsystem ausgewertet werden, damit jedem eigene Tipps für seinen Weg gegeben werden können.
Herr Wittowsky, Leiter der Forschungsgruppe Alltagsmobilität und Verkehrssysteme am Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund sagt: „Schnelle, echtzeitfähige und vernetzte Mobilitätsdienstleistungen auf den Markt zu bringen, ist der nächste große Schritt“.
In größerem Zusammenhang spricht man vom Internet der Dinge. Und dies geht viel weiter als der Parkplatz, der seine Verfügbarkeit dem Auto meldet, denn „Smart parking ist eigentlich old school“, sagt Lutz Heuser vom Urban Software Institute, einer europäischen Forschungseinrichtung, die Städte und Politik im Bereich „Smart Cities“ berät. Es gehe vielmehr darum solche Einzelpunkte miteinander zu vernetzen.
So könne eine Straßenlaterne mit entsprechenden Sensoren feststellen, ob die Parkplätze vor und hinter ihr frei sind, ob Licht auf der Straße benötigt wird und ob die Geschwindigkeit der vorbeifahrenden PKW auf einen Stau hindeutet.
Bis jetzt scheitert dies an gemeinsamen Standards, die noch nicht vorhanden sind.
Aber es tobt bereits der Streit darüber, ob das Autofahren wieder interessant, oder ob der Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr gefördert werden soll.
Bewertung
Aber dies ist wieder so ein unsinniger Streit. Es gibt Tage, da ist es sinnvoll Bus und Bahn zu nehmen, es gibt Tage, da ist es besser mit dem Auto zu fahren, z.B. wenn man noch einen größeren Einkauf mit Getränkekisten machen will.
Sage mir jetzt keiner, die könne man sich liefern lassen. Denn die ganzen Lieferautos, die dann durch die Stadt schleichen (flitzen können sie ja angesichts der Masse dann nicht mehr) heben jeden Effekt für die Umwelt auf, der vielleicht durch den Verzicht auf das eigene Fahrzeug ermöglicht wird. Merke, Feinstaub kommt nicht nur aus dem Auspuff, sondern z.B. auch vom Reifenabrieb.
Und im Übrigen kommen wir schnell wieder zum üblichen Problem; DATEN.
Wenn ich alles nutze, wie eingangs beschrieben und der Verkehr optimal gesteuert werden soll, müssen meine Daten und die der übrigen Bürger zentral zusammenlaufen und ausgewertet werden. Noch eine Möglichkeit schöne Bewegungsprofile zu erstellen.
Und es gibt ein weiteres Problem. Was ist eine optimale Steuerung des Verkehrs? Wer legt die Kriterien fest? Soll unter allen Umständen der Öffentliche Nahverkehr Vorrang haben? Gut, gut, ich höre schon alle im Chor ja rufen. Aber ich darf einen Punkt einwerfen: „Für weniger Treibhausgase kann es sinnvoll sein, die Ampel für auf eine Kreuzung zusteuernde LKWs grün zu halten und die Straßenbahn warten zu lassen“, sagt er oben bereits genannte Herr Heuser.
Ich darf auch an all die Lieferwagen erinnern, die für Amazon und andere Onlinehändler unterwegs sind. Vielleicht wäre es für die Umwelt besser, wenn jeder sein Buch in der Mittagspause oder abends beim Buchhändler um die Ecke holen würde. Wäre auch nicht viel anders, als wenn man zur Packstation muss, weil man nicht zu Hause war, als der Paketbote kam oder wenn der Paketbote nochmals anfahren muss.
Und da wird Autofahren wieder interessant, weil es blöd ist bei Schnee oder Regen zur Packstation zu radeln. Aber vielleicht hilft da ja die Klimakatastrophe.
Aber es ist klar, die meisten Ideen richten sich gegen Autos in der Stadt, denn irgendwann seien alle Optimierungen erfolgt ein Auto effizient durch die Stadt zu steuern. Und die Straßen sind dann einfach voll damit.
Nachhaltige Mobilität
Deshalb reden wir jetzt auch von einer nachhaltigen Mobilität. Hier sei eine smarte Verkehrssteuerung nur ein erster Schritt.
Und dies bedeutet zunächst mal Verkehrsvermeidung. Dann kommt die Nutzung von Füßen, Fahrrad, Bus und Bahn. Erst am Schluss stehe der Smarte Verkehr, denn dieser habe keine so große Wirksamkeit für die Nachhaltigkeit. Von Kindesbeinen an müsse ein Umdenken stattfinden, ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit Mobilität gelehrt werden, denn der private Individualverkehr sei kein Zukunftsmodell.
Beim folgenden Zitat ich mich schlicht erschrocken:
„Alle Verkehrsdaten könnten in einem persönlichen Verkehrsagenten zusammenlaufen, der den Menschen der Zukunft berät, wie er am besten von A nach B kommt. Ein intelligenter Algorithmus kann zudem lernen, welche Strecken der Nutzer regelmäßig zurücklegt und welche Verkehrsmittel er bevorzugt. Wenn auf der üblichen Strecke Stau ist, rechnet das System wie im obigen Beispiel vor, welche Alternativen schneller sind, und bietet die entsprechenden Tickets an. Ein „Push-und-Pull“-Mechanismus wie in Stockholm könnte ebenfalls dabei helfen, die Fokussierung auf das Auto aufzubrechen: Intelligente Mautsysteme machen hier eine Fahrt in die Innenstadt teuer, wenn es dort ohnehin schon voll ist.“
Selbst Carsharing ist dann bäh, denn es bewege die falschen Menschen zum Umsteigen. Zum einen betreffe es nur einen geringen Prozentsatz der Verkehrsteilnehmer. Zum anderen bestehe die Gefahr, dass nicht Autobesitzer zu Autoteilern werden, sondern Bus- und Radfahrer zu Autofahrern.
Und jetzt wird es ganz gruselig:
„… Der einzig sinnvolle Weg sei daher, Städte in Zukunft so zu gestalten, dass Wege vermieden werden, findet der Verkehrswissenschaftler und Stadtplaner Helmut Holzapfel von der Uni Kassel. … „Man darf Verkehr nicht nur auf seinen Zweck reduzieren. … Wir sollten erst das Leben der Zukunft planen und dann schauen, wie uns die Elektronik dabei helfen kann – und nicht umgekehrt“.
Schließlich kommt die Leier, die ich seit Jahrzehnten höre, dass Arbeiten und Wohnen wieder näher zusammenkommen sollen. Vorbild ist dabei wohl das Französische Viertel in Tübingen, Baden-Württemberg. Anfang der 90-er Jahre auf einem ehemaligen Kasernengelände gebaut, leben dort 2.500 Menschen, gibt es 150 Unternehmen mit 700 Arbeitsplätzen und fast keine Autos.
Andere nennen es die „Grüne Hölle“ und reden von Öko-Spießern. Und wenn ich lese, dass Kinder in Innenhöfen nach langen Diskussionen zwar Ball spielen dürfen. Aber bitte nicht mit Lederbällen, sondern nur mit Softbällen, weil diese weniger gefährlich und leiser sind, dann frage ich mich, ob es erstrebenswert sein kann dort zu leben.
Und mir fällt ein Beispiel aus Karlsruhe ein. Auch da gründete man eine Siedlung mit möglichst wenigen bis keinen Autos. Als diese fertig war beschwerten sich die Bewohner angrenzender Viertel über die bei ihnen abgestellten Autos.
Dabei ist es ganz einfach: Sorgt für einen bezahlbaren, gut funktionierenden Nahverkehr und für gute Radwege ohne Löcher und Baumwurzeln. Lasst die Menschen das Verkehrsmittel nehmen, das ihren Bedürfnissen unter diesen Voraussetzungen am besten entspricht.
Wir brauchen kein System, das uns vorschreibt mit welchem Verkehrsmittel wir uns bewegen dürfen. Was wäre das für ein kümmerliches Leben, wenn es nur noch durch Effizienz und angebliche Nachhaltigkeit bestimmt würde.