Zerstörung mittelständischer Betriebe durch steuerliche Besserstellung kommunaler Betriebe

Klammheimlich wird versucht eine steuerliche Besserstellung kommunaler Betriebe gegenüber Handwerkern und sonstigen Kleinunternehmern zu erreichen. Es ist geplant die Umsatzsteuer für kommunale Betriebe zu streichen. Als Vehikel hierfür dient die sog. interkommunale Zusammenarbeit. Damit wird dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Worum geht es?

Es gab mal für Unternehmen im Besitz von Kommunen paradiesische Zeiten als sie von der Umsatzsteuer ausgenommen waren und ihre Leistungen entsprechend billiger anbieten konnten.

Dem hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit mehreren Urteilen, zuletzt vom 10.11.2011, Az V R 41/10 ein Ende gesetzt. Seitdem sind auch kommunale Betriebe, wenn sie in Wettbewerb zu privaten Unternehme stehen, umsatzsteuerpflichtig.

Laut Pressemitteilung Nr. 13 des BFH vom 15.02.2012 ist von allgemeinem Interesse die Klarstellung, dass auch sog. Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie z.B. Gemeinden erbracht werden, steuerpflichtig sind, sofern es sich um Leistungen handelt, die auch von Privatanbietern erbracht werden können. Danach können z.B. auch die Leistungen kommunaler Rechenzentren umsatzsteuerpflichtig sein.

Mit dem Urteil setzte der BFH seine Rechtsprechung fort, nach der auch die privatrechtlich erteilte Erlaubnis zum Aufstellen von Automaten in Universitäten (BFH v. 15. April 2010 V R 10/09) oder die Überlassung von Pkw-Stellplätzen in Tiefgaragen durch eine Gemeinde auf hoheitlicher Grundlage als entgeltliche Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen (BFH v. 1. Dezember 2011 V R 1/11).

(Einschub: Leider gelangen Sie auf der Webseite des BFH nur zu Übersichtsseiten für Pressemitteilungen und Entscheidungen. Sie müssen dort die genauen Angaben zu Datum und/oder Az nochmals eingeben um zu den Dokumenten zu gelangen. Es ist mir nicht nachvollziehbar, weshalb diese Dinge nicht direkt zu verlinken sind, aber so ist es nun mal.)

Diese Rechtsprechung hat heftige Auswirkungen auf die Kommunen, so dass diese seither eine gesetzgeberische Änderung fordern. Und sie scheinen damit unter der neuen Bundesregierung erfolgreich zu sein.

Stand der Dinge

Nicht nur die böse Privatwirtschaft wehrte sich bislang gegen eine solche Besserstellung der kommunalen Unternehmen. Sogar die CDU war lange dagegen. Laut einer Mitteilung des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU) scheint dies nun anders zu sein. In einem Newsletterbeitrag vom Juni 2015 führt der VKU aus:

„… Nach diversen Gesprächen mit Vertretern der CDU/CSU-Bundestagsfraktionen und dem Bundesfinanzministerium konnten VKU und kommunale Spitzenverbände jedoch ein Einlenken erreichen. Demnach soll an dem Gesetzgebungsverfahren nun doch – trotz der Vorbehalte von Seiten der Privatwirtschaft – festgehalten werden. Demnach soll § 2b UStG mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ – quasi dem Jahressteuergesetz 2016 – in das Umsatzsteuergesetz eingefügt werden.

Der VKU wird das Gesetzgebungsverfahren eng begleiten und seine Mitgliedsunternehmen über aktuelle Entwicklungen informieren.“

Nicht störend dürfte dabei gewesen sein, dass Frau Katherina Reiche ab dem 01.09.2015 Hauptgeschäftsführerin der VKU sein wird. Frau Reiche ist bekanntlich Abgeordnete der CDU und war bis Februar 2015 Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr.

In dem vom VKU genannten Gesetzesvorhaben ist die neue Vorschrift noch nicht enthalten. Sie soll im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wohl noch eingefügt werden, obwohl eine Anhörung der Verbände im zuständigen Ausschuss des Bundestages bereits am 29.06.2015 stattgefunden hat. Ein Protokoll der Anhörung konnte ich noch nicht feststellen. Die neue Vorschrift ist auch nur in einigen schriftlichen Stellungnahmen der angehörten Verbände enthalten.

Dies beruht wohl darauf, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Vorschlag erarbeitet hat, der durch das Internet geistert und wohl auf irgendeine Weise in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden soll. So kann man eine breite öffentliche Diskussion vermeiden.

Trotzdem hat sich z.B. bei der schriftlichen Stellungnahme das Institut der Wirtschaftsprüfer ablehnend geäußert:

Vehement für die Änderung haben sich eingesetzt der Deutsche Städtetag, der VKU und 5 weitere Verbände, darunter die Kultusministerkonferenz und der Sparkassen- und Giroverband. Schon eine interessante Koalition. Jeder kann sich vorstellen was für ein Druck hier u.a. über kommunale Entscheidungsträger ausgeübt wird. Dies ist Lobbyismus, den keiner benennt.

Wenigstens einige der Verbände von direkt betroffenen Unternehmen laufen Sturm gegen diese Regelung:

So z.B. der Zentralverband Gartenbau:

„… steht zu befürchten, dass Kommunen künftig noch stärker gärtnerische Dienstleistungen oder auch Pflanzenlieferungen aus kommunalen Gärtnereien im Rahmen der kommunalen Beistandsleistungen umsatzsteuerfrei anbieten werden. Der vorliegende Entwurf gewährleistet keine gleichmäßige und wettbewerbsneutrale Umsatzbesteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts und privater Unternehmen. …

Beispiel 1: Die Stadt A betreibt eine eigene Stadtgärtnerei, die Pflanzen und Bäume
produziert. Bisher nur zur Deckung des eigenen Bedarfs der Stadt. Die Nachbarstadt B bezieht die Bäume und Pflanzen bisher von privaten Baumschulen und Gärtnereien. Eine Befreiung kommunaler Beistandsleistungen von der Umsatzsteuer führt dazu, dass in Zukunft die Stadt A der Stadt B Pflanzen und Bäume für das kommunale Grün der Stadt B umsatzsteuerfrei liefern könnte. …“

Ähnlich äußert sich die Bundesvereinigung Bauwirtschaft.

Wahrscheinlich verstößt die vorgesehen Neuregelung auch gegen die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie der EU und die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie des Bundesfinanzhofes.

Aber die jetzige Bundesregierung hat ja schon in mehr Fällen, z.B. PKW- Maut oder Vorratsdatenspeicherung gezeigt, dass ihr dies egal ist.

Ebenso wird die öffentliche Diskussion gescheut. Wohl aus gutem Grund, denn hier geht es um Arbeitsplätze in der Wirtschaft und wie staatsgläubiger Lobbyismus diese zu Grunde richtet.