Letzte Woche beschloss die Landesregierung in Baden-Württemberg, geführt von dem Ministerpräsidenten, Herrn Kretschmann (Grüne), dass zukünftig zwischen 22 Uhr und 5 Uhr auch Lieferdienste keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen. Der Pizzabote darf also keinen Rotwein mehr zur Pizza oder den Spaghetti mitbringen. Ebenso soll es verboten sein, alkoholische Getränke in dieser Zeit an Automaten zu kaufen.
Die Regierung will damit nächtliche Alkoholgelage auf öffentlichen Plätzen verhindern. Bereits seit dem März 2010 dürfen Tankstellen und Supermärkte in Baden-Württemberg nach 22 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen. Eine der vielen Sünden der damaligen schwarz-gelben Koalition.
Allerdings ist der Regierung nicht bekannt wie viele Lieferdienste es gibt und auch nicht aus wie vielen Automaten in Baden-Württemberg Alkohol verkauft wird.
Wie so oft, keine Ahnung von den Fakten, keine Möglichkeit die Wirkungen überhaupt abschätzen zu können, aber einfach mal Aktivismus entfalten.
Nicht unter das Verbot scheint wohl der Straßenverkauf zu fallen, d.h., ob man noch Wein kaufen kann, wenn man in einer Gaststätte eine Pizza bestellt und abholt, so berichtet der SWR. Den Entwurf des Textes konnte ich nicht finden, lediglich Medienberichte.
Neben der Opposition aus FDP und CDU, dem Städtetag und dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), kam Kritik auch von der Parteibasis von Grünen und SPD.
Der Städtetag fordert, dass Kommunen die Möglichkeit erhalten ein zeitlich befristetes und auf bestimmte Plätze begrenztes Verbot von Alkoholkonsum zu erlassen.
Der DEHOGA bringt die Kritik auf den Punkt: „Wir glauben nicht, dass sich gesellschaftliche Probleme durch eine Weiterdrehen der Verbotsspirale lösen lassen“.
Der SWR berichtet, dass es in Baden-Württemberg 71 Plätze mit Alkoholproblematik gibt. Es komme dort immer wieder zu Übergriffen und Müll bleibe liegen.
Herr Kretschmann und sein Innenminister Gall von der SPD (zu diesem auch mein Artikel von voriger Woche) haben in der Vergangenheit für ein allgemeines Alkoholkonsumverbot auf öffentlichen Plätzen plädiert, sich aber bisher in ihren Parteien nicht durchsetzen können. Auch ein von Herrn Kretschmann ins Leben gerufener Runder Tisch unter dem Titel „Lebenswerter öffentlicher Raum“ hat diesen Vorschlag nicht übernommen, aber für ein Verkaufsverbot der Lieferdienste plädiert.
Und wie sagte aber Herr Kretschmann im Dezember 2013: „Man kann ja nicht mit dem Kopf durch die Wand.“ Er wird also auf weitere Verbote des Alkoholkonsums zurückkommen, wenn seine untauglichen Maßnahmen nicht greifen, sofern er dann noch Regierungschef ist. Baden-Württemberg wählt bekanntlich im Frühjahr 2016.
Der jetzige weitere Gang ist, dass die Regierung einen schriftlichen Entwurf dem Landtag zuleitet. Dieser muss dann endgültig entscheiden. Das Gesetz soll zum Jahreswechsel in Kraft treten.
Dabei wäre eine Änderung der Rechtslage nicht erforderlich. Nach geltender Rechtslage können bereits Platzverweise ausgesprochen werden, wenn Besäufnisse stattfinden. Man muss nur geltendes Recht durchsetzen, aber das hieße ja, dass man die Polizei personell und sächlich besser ausstatten müsste. Da ist es einfacher Placebo-Politik mittels unsinniger Gesetze zu betreiben und hoffen, dass diese irgendwie Wirkung entfalten. Und wenn dies nicht der Fall ist macht man ein neues Gesetz.