Welthunger, Lebensmittel, Verschwendung und sonstige Nachernteverluste (29.06.2014)

Immer wieder liest man in letzter Zeit im Zusammenhang mit dem Welthunger vielerlei über das Wegwerfen von Lebensmitteln. Aber haben Sie schon mal das Wort „Nachernteverluste“ gehört?

Nicht so sehr die Selbstkasteiung in den Industrieländern über weggeworfene Lebensmittel ist entscheidend für den Welthunger, möglicherweise noch nicht mal die Frage Gentechnik oder nicht. Entscheidend ist was nach der Ernte auf dem Weg zum Verbraucher abhanden kommt, sei es mangels Transportmöglichkeiten, fehlenden Kühlhäusern oder anderem.

So sind in Indien ca. 20 % der Kinder unterernährt, während 40 % der frischen Lebensmittel gem. der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, der FAO, verderben, bevor sie den Verbraucher erreichen. Und Indien zählt zu den vielgerühmten Schwellenländern, die uns angeblich demnächst überholen werden. Es werden jedoch genug Lebensmittel produziert, dass alle Kinder sich satt essen könnten.

Für die Produktion dieser den Verbraucher nicht erreichenden Lebensmittel wird Wasser verwendet, das nach Schätzungen der FAO den Wasserbedarf von 100 Millionen Menschen decken könnte.

Verantwortlich dafür sind die schlechte Logistik und die fehlende Infrastruktur. Das Rückgrat der indischen Agrarwirtschaft stellen zigtausende Klein- und Zwischenhändler. Und diese haben nicht die Mittel für Kühlhäuser oder Lagerhallen. Sie kämpfen aber darum, dass sich an diesem System nichts ändert. Durch sie werden die Transportwege länger und es gibt viele, die verderbliche Waren horten, um mit diesen zu spekulieren.

Aber der indische Staat trägt noch mehr dazu bei. Er lagert mehr Getreide ein als andere Länder. Der neue indische Ministerpräsident, Herr Modi, will dies ändern.

In vielen Punkten wird er auf Widerstand stoßen. So ist zu hoffen, dass er mit dem angekündigten Ausbau des Schienen- und Straßennetzes ernst macht, um die Transportzeiten zu verkürzen, so dass bereits dadurch viele Lebensmittel unterwegs nicht mehr verderben. Aber auch dies wird die Struktur der Klein- und Zwischenhändler verändern.

Laut einem Bericht der FAO aus dem Jahre 2013 wandert die Menge Nahrungsmittel, die auf einem Viertel der weltweiten Ackerfläche erzeugt wird, direkt in die Mülltonne. Dies sind ca. 1,3 Mrd. Tonnen. Gleichzeitig hungern 870 Millionen Menschen. Die dadurch entstehenden finanziellen Verluste belaufen sich auf ca. 565 Mrd. EURO.

Für diese nicht verbrauchten Lebensmittel werden jährlich ca. 250 Kubikkilometer Wasser verbraucht. Bei der Herstellung entstehen weiter Treibhausgase, die in ihrer Wirkung ca. 3,3 Mrd. Tonnen CO² entsprechen.

54 % dieser nicht verbrauchten Lebensmittel gehen vor dem Verkauf verloren. In den Entwicklungs- und Schwellenländern fallen die Verluste vor allem zwischen Ernte und Handel an, in den Industrieländern bei Endverbrauchern und Großabnehmern.

In Deutschland wirft jeder Bundesbürger knapp 82 Kilo Lebensmittel pro Jahr weg. Dies sind ca. 225 Gramm pro Tag.

In den ärmsten Ländern der Welt gehen ca. 40 % aller Nahrungsmittel zwischen Ernte und Handel verloren, insbesondere wegen nicht vorhandener Kapazitäten zur Lagerung, Verpackung, Transport und Kühlung.

In den Ländern südlich der Sahara (Subsahara) wird der Verlust auf über 150 Kilogramm pro Einwohner im Jahr geschätzt, also fast das Doppelte wie in Deutschland.

Dies bedeutet, dass die gegenwärtige Weltbevölkerung ausreichend ernährt werden könnte, wenn der Verlust reduziert würde.

Nun wird von vielen NGOs (Nichtregierungsorganisationen) kritisiert, dass die Entwicklungspolitik den Profitinteressen der Agrarkonzerne diene. Es wird gefordert, dass die Kleinbauern mehr Eigenverantwortung und Entscheidungsgewalt erhalten müssten. So hat Oxfam vor allem das Programm German Food Partnership kritisiert. Dieses würde Konzerne bevorzugen und Kleinbauern weiter diskriminieren.

In meinen Augen schlagen alle eine falsche Schlacht statt sich um die wahren Probleme zu kümmern.

Hier wird mit viel Aufwand darum gekämpft, wie produziert wird, mittels Kleinbauern oder mit Hilfe der Agrokonzerne. Dies ist Unsinn, denn es wird genug Nahrung produziert, damit kein Hunger mehr herrscht.

Es geht vor allem darum, dass diese Nahrung die Menschen erreicht. Dazu höre ich aber auch von den NGOs nichts. Außer bauernromantischer Ideologie kommt da einfach zu wenig.