Fairer Handel ist nicht immer fair! (15.06.2014)

Fairer Handel, dies sind Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die Bauern in Afrika, Lateinamerika und Asien durch Fairtrade-Standards die Möglichkeit geben, ihre Dörfer und Familien aus eigener Kraft zu stärken und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern. Fairtrade-Kleinbauern und -Arbeiter und Arbeiterinnen erhalten eine Stimme, werden wahrgenommen und treffen selbstbestimmte Entscheidungen. So steht es auf der Seite von Transfair.

Bei Fair Trade e.V. klingt es ähnlich: Wenn ein Bauer trotz harter körperlicher Arbeit seine Familie nicht ernähren kann, dann liege das zum Teil an ungerechten Welthandelsstrukturen. Im Fairen Handel seien die Strukturen anders: Die Produkte werden zu fairen Bedingungen hergestellt und importiert. Im Mittelpunkt stehen die Produzentinnen und Produzenten, denn: Der Faire Handel ist mehr als Import und Vertrieb von Produkten. Er gibt den Menschen hinter den Produkten ein Gesicht. Ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, ist das Ziel des Fairen Handels.

Das Fairtrade-Siegel erhalten nur Produkte, deren Hersteller bessere Bedingungen nicht nur für Bauern, sondern auch für Arbeiter garantieren.

Im Jahre 2013 wurden in Deutschland 654 Millionen EURO mit Fairtrade-Produkten umgesetzt. Dies war eine Steigerung von 23 Prozent gegenüber 2012 und beinhaltete u.a. 324 Millionen Blumen und 11.000 Tonnen Kaffee.

Und nun gibt es eine Studie über Fairtrade, Beschäftigung und Armutsbekämpfung vom April 2014 in Äthiopien und Uganda der University of London. Untersucht wurde in Äthiopien die Produktion von Kaffee und Blumen, in Uganda die Produktion von Kaffee und Tee.

Die Studie ging über vier Jahre und untersuchte die Arbeitsbedingungen bei konventionellen und bei Fairtrade-Betrieben. Es wurden die Daten von mehr als 1.700 Beschäftigten und aus mehr als 100 Interviews verwendet. Es ging dabei ausschließlich um die Hilfsarbeiter und nicht um die Bauern selbst.

Diese kommt zu dem Ergebnis, dass mit dem Kauf von Fairtrade-Produkten die Lebensbedingungen afrikanischer Landarbeiter kaum verbessert werden. Diese Hilfskräfte, also die Ärmsten der Armen, werden teilweise schlechter bezahlt als bei konventionell wirtschaftenden Farmen.

Ein weiteres Resultat ist, dass für bei Fairtrade-Betrieben beschäftigte Arbeitnehmer oft der Zugang zu Schulen, Kliniken und sogar Sanitäranlagen geringer ist. Dabei werden gerade solche Einrichtungen aus den Geldern finanziert, die mit den höheren Preisen der Fairtrade-Produkte erwirtschaftet werden.

Wichtig zu wissen ist, dass sich die Produzenten in den sog. Entwicklungsländern zu Organisationen, meist Genossenschaften genannt, zusammenschließen, um in Gemeinschaftsprojekte zu investieren. Es werden auch Mindestlöhne definiert. Laut der Studie gilt dies aber nur für Betriebe mit mehr als 20 Arbeitern. Kleinere Betriebe fallen durch den Rost.

Die Wissenschaftler forderten die Fairtrade-Organisationen dazu auf, die besseren Arbeitsbedingungen und Löhne für alle beteiligten Arbeiter umzusetzen und zu kontrollieren.

Fairtrade Großbritannien wehrt sich gegen die Vorwürfe und wirft den Autoren der Studie unter anderem vor, kleine Fairtrade-Plantagen mit konventionellen Großbetrieben zu vergleichen.

Transfair in Deutschland wiederum begrüßt die Studie, bemängelt aber deren Methodik und Vorgehensweise. Das Ergebnis wird jedoch nicht bestritten. Es wird vielmehr dargelegt, was die Schwierigkeiten seien die Arbeiter besser zu stellen. Weiter wird ausgeführt, dass die verglichenen Betriebe nicht vergleichbar seien.

Leider geht die Stellungnahme nicht darauf ein, was die TAZ berichtete: Danach hat Frau Brück, die Sprecherin von TransFair gesagt, dass Reformen bei der Bezahlung von Arbeitern gerade am Widerstand der Kleinbauern-Vertreter in den zuständigen Gremien gescheitert sind.

Was bleibt:

Fairtrade ist ein Versuch, die Lebens- und Produktionsbedingungen zu verbessern. Dies scheint für einen Teil der Menschen zu gelingen, aber bei den gegenwärtigen Strukturen des Fairtrades scheinen doch eine große Zahl von Menschen durch den Rost zu fallen. Nicht wenigen geht es in der konventionellen Wirtschaft besser.

Lassen wir uns also nicht erzählen, dass die bisherige Art des Wirtschaftens per se schlecht und Fairer Handel per se gut sei. Schauen wir genau hin und kritisieren nicht nur die Wirtschaft für gewisse Praktiken, sondern schauen wir ruhig kritisch auch den NGOs auf die Finger.