Informationsfreiheit gegen Urheberrecht, Teil 2 (26.05.2014)

In Berlin haben das Landgericht und das Kammergericht entschieden, dass sich das Bundesinnenministerium nicht auf sein Urheberrecht betreffend die Veröffenltichung eines Dokuments berufen kann. Im konkreten Fall erkannten die Gerichte, dass das Dokument keinen Urheberrechtsschutz genießt.

Ich habe über die Vorgeschichte bereits am 26.01.2014 berichtet.

Das Bundesverfassungsgericht urteilte im November 2011, dass die Hürde von 5 % zum Einzug in das Europaparlament bei den Europawahlen verfassungswidrig ist. Der Bundestag beschloss hierauf im Juni 2013 eine Hürde von 3 % für den Einzug in das Europaparlament. Das Bundesverfassungsgericht hat dies inzwischen ebenfalls als verfassungswidrig beurteilt.

Im Innenministerium hatte man in Reaktion auf das erste Urteil Gedankenspiele durchgeführt, wie es denn mit einer niedrigeren Sperrklausel, konkret einer solchen von 2,5 % sei, ob deren Einführung möglich wäre. Die Fachleute des Ministeriums kamen zu dem Ergebnis, dass dies verfassungsrechtlich zumindest bedenklich ist und voraussichtlich in Karlsruhe ebenfalls gekippt würde.

Diese gutachterliche Stellungnahme wurde auf der Webseite FragDenStaat.de veröffentlicht.

Die Herausgabe dieser gutachterlichen Stellungnahme war aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) erfolgt. Das Ministerium führte dazu aus, dass der Vermerk lediglich zu privater Kenntnisnahme, jedoch nicht zu Veröffentlichungszwecken nach dem IFG herausgegeben werde. Es handle sich nicht um ein amtliches Werk i.S. des § 5 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz.

Das Innenministerium hatte die Veröffentlichung durch eine Anwaltskanzlei abmahnen lassen. Auch dieses Schreiben ist auf der oben genannten Webseite veröffentlicht worden.

Die Anwaltskanzlei erklärte, dass es sich zweifelsfrei um ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Werk handele. Der nach dem Informationsfreiheitsgesetz gewährte Informationszugang enthalte keine Berechtigung, das Dokument zu verbreiten. Die Frage, inwieweit das Dokument verwendet werden dürfe, richte sich – wie bei jedem anderen urheberrechtlich geschützten Schriftstück – allein nach dem Maßstab des Urheberrechts.

Ich kam am 26.01.2014 zu der Auffassung, dass die Veröffentlichung nicht verboten werden kann.

Inzwischen wurde bekannt, dass das Ministerium selbst die Gerichte bemüht hat, um der Plattform FragDenStaat die Veröffentlichung verbieten zu lassen. Das Ministerium hatte eine einstweilige Verfügung beantragt.

Das Landgericht Berlin entschied am 11.02.2014, dass das Ministerium die Veröffentlichung bereits deshalb nicht verbieten könne, weil der Text, um den gestritten wurde, urheberrechtlich gar nicht schutzfähig ist.

Am 12.03.2014 bestätigte das Kammergericht in Berlin diese Auffassung nachdem das Ministerium Berufung eingelegt hatte.

Damit ist dies für den konkreten Fall entschieden, aber leider bleibt offen, ob der Staat die Veröffentlichung von Dokumenten verbieten kann, die Urheberrechtsschutz genießen.

Die Betreiber der Plattform FragDenStaat haben inzwischen eine sog. negative Feststellungsklage eingereicht. Sie wollen damit bestätigt haben, dass sie das Recht hatten das Dokument zu veröffentlichen. Ob das entscheidende Gericht in diesem Rahmen die vorgenannte Frage entscheiden wird, bleibt abzuwarten, ist aber eher unwahrscheinlich. Gerichte entscheiden konkrete Fälle, aber keine allgemeine Rechtsfragen.

Ich werde weiter zu diesem Fall berichten.