Bargeld, besser abschaffen? (01.06.2014)

Nein, nicht doch. Dies wäre die Abschaffung eines weiteren Stückchens Freiheit. Denn damit ließe sich nachvollziehen, wo, wofür und bei wem Sie Geld ausgegeben haben.

Aber genau hierüber denken Ökonomen, Zentralbanken sowie insbesondere die Geschäftsbanken, und nicht zuletzt die Politik nach.

Einer der Wortführer ist Herr Kimball, Wirtschaftsprofessor an der University of Michigan in den USA. Er fordert zum Wohle der Gesamtwirtschaft den Gebrauch des Bargeldes zu verhindern, mindestens diesen aber zu verteuern. Er hält dazu Vorträge bei Bank of England, der Bank of Japan, der Banque de France, der FED und demnächst bei der EZB (Europäische Zentralbank), der Deutschen Bundesbank, der Schweizerischen Nationalbank und der Banca d’Italia.

Diese Adressen zeigen, dass der Mann nicht ganz unwichtig ist.

Wirklichkeit ist, dass immer mehr Menschen elektronische Zahlungen, auch für Kleinbeträge bei Discountern und Supermärkten, nutzen.

Angeblich wird ein nennenswerter Anteil (was immer das sein mag) der EURO-Banknoten außerhalb der Eurozone verwendet, wie angeblich der größte Teil der Dollarnoten außerhalb der USA kursieren soll.

In diesem Zusammenhang werden wieder die Geschichten der Bargeldbestände berichtet, die man bei Drogenhändlern und korrupten Politikern findet. Herrn Kimball geht es jedoch mehr um die Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Seine, in den angelsächsischen Ländern verbreitete Theorie besagt, dass eine Wirtschaftskrise durch eine expansive Geldpolitik bekämpft werden kann, wobei es evtl. notwendig sein wird negative Zinsen herbeizuführen. Dies wird bekanntlich in der EZB diskutiert und vielleicht schon in der Sitzung am kommenden Donnerstag beschlossen.

Dies beträfe jedoch nur die Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB. Wirksam könnte dies nur sein, wenn davon auch die Konten von Privatleuten und Unternehmen bei den Geschäftsbanken betroffen wären. Die Theorie geht davon aus, dass diese dann das Geld ausgeben würden und damit die Wirtschaft belebt wird.

Es besteht aber noch die Möglichkeit das Geld in bar abzuheben und damit den Negativzins zu vermeiden. Und damit wäre der schöne Effekt des Negativzinses weg.

Herrn Kimball scheint auch klar zu sein, dass diese Abschaffung nicht gut bei den Menschen ankommt. Er meint, dass es aus der Sicht des Einzelnen sinnvolle und nicht-kriminelle Verwendungen von Bargeld geben mag. Er hat deshalb die Idee allein elektronisches Geld zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen und dem Bargeld diesen Status zu nehmen. Hinzu käme ein Wechselkurs für den Umtausch von Bargeld in elektronisches Geld.

Nun fragt man sich wofür man dann Bargeld verwenden könnte, wenn es kein Zahlungsmittel mehr wäre. Dies ist doch nur ein Hütchenspielertrick, den er aber bei allen renommierten Zentralbanken verbreiten darf.

Wie ist es in der Praxis:

Es wurden schon Verkäufer von Obdachlosenzeitungen gesichtet, die ein Lesegerät für Kreditkarten, finanziert von einer Kreditkartengesellschaft, dabei hatten. In Stockholm gibt es in Kirchen statt dem Klingelbeutel ein Kreditkartenlesegerät. Manche Bankfilialen zahlen bereits kein Bargeld mehr aus.

In Deutschland lag der Anteil des Bargeldes bei Käufen im Einzelhandel in den 90-er Jahren noch bei knapp 80 Prozent, in 2013 waren es nur noch gut 50 Prozent. Wahrscheinlich bin ich einer der letzten Dinosaurier, die alles mit Bargeld bezahlen.

Es gibt in Wirklichkeit zwei Gründe für diese Umorientierung. Die Finanzbrache verdient an der Kartenzahlung mehr, am Bargeld verdienen nur die Zentralbanken, und die Politik kann die elektronischen Geldströme besser kontrollieren. Die Gebühren für die elektronischen Zahlungen sollen im Schnitt bei 0,3 % des Umsatzes liegen.

Von der Politik kommt das Argument, Bargeld werde vor allem in der Schattenwirtschaft und von Verbrechern benutzt. “ Bargeld ist das Blut in den Adern der Kriminalität“, sagt Stockholms Polizeipräsidentin Carin Götblad.

Einige Staaten in Europa haben bereits Höchstgrenzen für Bargeldgeschäfte eingeführt: In Italien sind seit Anfang 2012 Bargeschäfte über mehr als 1.000 Euro verboten, in Griechenland gibt es eine Grenze bei 1.500, in Spanien bei 2.500 und in Frankreich bei 3.000 Euro – wenn auch mit Ausnahmen.

Zugleich wird darüber diskutiert große Geldscheine abzuschaffen, um den Kriminellen die Arbeit schwerer zu machen. In den USA werden nur noch Scheine bis zu 100 Dollar gedruckt, die früheren höheren Noten sind aber noch im Umlauf. Herr Constancio, Vizepräsident der EZB, hält die Abschaffung des 500-EURO-Scheines einer Diskussion für wert.

Der frühere amerikanische Finanzminister, Herr Summers forderte das Bargeld ganz abzuschaffen.

Für Bargeld sprechen u.a. die Kosten und das Bezahltempo an der Supermarktkasse, wie von Bürgern bei Umfragen angegeben wird. Vor allem ist den Menschen aber die Anonymität des Bargeldes wichtig.

Diese letzte Funktion würde vollkommen abhanden kommen, wenn alles elektronisch abgewickelt wird.

Aber es wird probiert. So hat die britische Großbank HSBC vor kurzem versucht die Auszahlung von Bargeld zu beschränken. Die Kunden sollten den Verwendungszweck nachweisen. Es ging um Beträge zwischen 5.000 und 10.000 Pfund. Diese Willküraktion endete damit, dass die Bank sich bei ihren Kunden entschuldigte.

Zeitweise bekamen die Kunden trotz Deckung auf ihren Konten nur Teilbeträge ausbezahlt. Angeblich dient dies dem Kampf gegen Betrug und Geldwäsche.

Und jetzt kommt das tollste Argument: Es gibt kein Gesetz das vorschreibt, wie viel eine Bank bei gedecktem Konto auszahlen muss. Eine der zahlreichen Aufsichtsbehörden formuliert dies, in Großbritannien, so: „Die Banken müssen abwägen – sie müssen ihre Kunden versorgen, aber auch Betrug verhindern.“

Die Bundesbank sagt es sei eine „stetige Pflicht des Bankangestellten“, die Rechtmäßigkeit einer Auszahlung zu prüfen.

Die oben genannte HSBC formuliert: „Als verantwortungsvolle Bank müssen wir alle Transaktionen verfolgen“.

Ich fasse zusammen:

Jeder Bürger ist ein potentieller Krimineller, weshalb ein verantwortungsbewusster Staat und eine ebenso verantwortungsvolle Bank prüfen müssen, wofür er sein Geld ausgibt, damit er auch nicht vom geraden Wege abkommt. Dass das Wissen um die Geldflüsse schöne Nebeneffekte hat, z.B. wenn man dem Ehepartner oder dem Nachbarn mitteilen kann, wofür der Bürger nebenan sein Geld ausgibt ist klar. Und da sind wir dann wieder bei dem Punkt, dass vielleicht doch jeder irgend etwas zu verbergen hat.

Oder wenn man mittels Big Data ihm maßgeschneiderte Werbung zukommen lassen kann. Mit dem Verkauf der Daten lässt sich vielleicht mehr Geld verdienen als mit klassischen Bankgeschäften.

Und wieder stirbt ein Stückchen Freiheit, aber im Sinne des großen Ganzen und des Wir soll dies hingenommen werden. Aber dies wird nicht funktionieren.