Der Terror von Paris und die Instrumentalisierer

 Xenia B.  / pixelio.de

Xenia B. / pixelio.de

Bisher hatte ich es mir zum Grundsatz gemacht über aktuelle emotionalisierende Themen nicht sofort zu schreiben, sondern erst, wenn man diese mit einem gewissen Abstand betrachten kann. Aber Grundsätze sind bekanntlich nicht absolut, sondern haben immer Ausnahmen. Zumindest lernt man dies bei einem Studium der Rechte.

Und heute ist so ein Fall, angesichts der zahlreichen widerwärtigen Versuche die Toten vom 13.11.2015  von Paris für kurzsichtige, nicht zielführende, im besten Falle hilflose Forderungen zu missbrauchen.

Dies begann bereits einen Tag danach. Da wird so getan als ob die Flüchtlingswelle die Anschläge hervorgerufen, zumindest aber begünstigt hat, noch bevor auch nur schmalbrüstigste Fakten über die Terroranschläge bekannt sind. Da werden Forderungen gestellt nach der Bewaffnung des Volkes oder der Erweiterung der Vorratsdatenspeicherung.

Vieles kann man gleich in den Papierkorb werfen, weil es von Menschen vorgebracht wird, die offensichtlich nur ihren Emotionen freien Lauf lassen. Schlimm genug.

Aber dann gibt es Personen, die mit vollkommener Gefühllosigkeit nur ihre eigene, teilweise absurde, Agenda durchsetzen wollen. Die klaren Verstandes für diesen Zweck die Menschen emotionalisieren wollen.

Emotionalisierer

Da postet ein gewisser Herr Mattusek, früher SPIEGEL, heute WELT auf Twitter:

„Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen..“

Und versieht das Ganze mit einem Smiley (der Springer-Verlag ist dem bereits deutlich entgegengetreten).

Der Landesminister Söder der CSU postet auf Twitter.

„#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen“

Offensichtlich glauben die Herren damit Anhänger zu gewinnen und bei bestehenden Fans Punkte zu sammeln. Da macht es nichts, dass man alle Flüchtlinge, Terroristen und Muslime in einen Topf wirft. Da macht es nichts, dass die Flüchtlinge aus Syrien vor dem Terror flohen, der in Paris wütete. Da macht es nichts, dass man den Radikalen damit Menschen zutreibt. Das sind allenfalls Kollateralschäden, die man für die Durchsetzung der eigenen Meinung gerne in Kauf nimmt.

Als ob Terroristen den beschwerlichen Weg per Boot über die Ägäis und zu Fuß über den Balkan nach Europa auf sich nehmen würden. Die kommen auf anderen Weg, gerne per PKW, nach Europa. Und wenn jetzt ein syrischer Pass gefunden wurde, dann sollte man erst mal abwarten, was dies wirklich bedeutet. Aber manche handeln lieber nach dem Motto erst schießen, dann fragen. Einem zivilisierten Denken entspricht dies nicht.

Dann gibt es noch Herrn Trump, Präsidentschaftsbewerber der Republikaner in den USA. Er meint, wenn sich die Menschen bewaffnet könnten wie in den USA, wäre dies in Paris anders ausgegangen. Es ist mir bisher nicht aufgefallen, dass die Amokläufe an Schulen und Universitäten oder in Einkaufszentren der USA ohne zahlreiche Opfer enden. John Wayne, Clint Eastwood, Charles Bronson oder Old Shatterhand funktionieren im Kino, aber nicht im wirklichen Leben. Es ist nicht gut nur solche Filme zu schauen.

Freiheitsfeinde

Schließlich gibt es die wirklich gefährlichen, die auf den Emotionalisierern aufbauen, die den Menschen erzählen sie hätten die einzige und wirkliche Lösung zur Verhinderung des Terrors gefunden. Die Lösung besteht dann immer darin die Freiheit einzuschränken.

Und in Deutschland haben sie ja auch willfährige Minister für das Innere und die Justiz gefunden. Da kann sich Herr Maas (der Minister für die Justiz) noch so abzappeln in seinem angeblichen Kampf gegen Hass im Internet. Er wird vor allem dann auffällig, wenn es um Einschränkungen von Freiheit geht. Nicht anders sieht es beim Minister des Inneren, Herrn de Maizère, aus. Dass dieser wie auch Herr Schäuble (der Minister für die Finanzen) von bestimmten Gruppen als Heilsbringer gefeiert werden sagt alles zu dem Verhältnis dieser Gruppen zur Freiheit.

Nicht zu vergessen die einflussreichen Lobbyisten der Einschränkung der Freiheit in den Behörden der Sicherheit und deren Verbänden.

Auch hier haben sich die ersten bereits am Tag nach den Anschlägen zu Wort gemeldet.

Natürlich wollen sie ihr Lieblingsspielzeug, die Vorratsdatenspeicherung ausweiten.

„Das eng gefasste Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung muss überdacht werden“, betonte der stellvertretende Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek.

Arnold Plickert, der GdP-Chef Nordrhein-Westfalens, fordert dies ebenfalls: „Wir können damit möglicherweise zukünftige Terroranschläge verhindern, weil wir so an Informationen über die Terroristen kommen, an die wir sonst nicht gelangen“. Die Speicherfristen müssten dafür aber bei mindestens einem Jahr liegen.

So, so ein Jahr.

Ist dem Herrn nicht bekannt, dass es in Frankreich seit dem Jahre 2006 eine Vorratsdatenspeicherung von einem Jahr gibt? Oder will er nur sein Publikum für dumm verkaufen?

Dass die Überwachung in Frankreich im Jahre 2011 und dieses Jahr nochmals erweitert wurde sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Aber was müssen wir jetzt lesen? Einer der Attentäter in Paris war der Polizei bereits bekannt. Dasselbe hatten wir schon im Januar bei dem Terroranschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo.

Wahrscheinlich werden wir in den nächsten Tagen noch viele Ideen serviert bekommen wie man angeblich den Terror verhindern kann, indem man die Freiheit einschränkt. Aber bleiben wir hier noch bei der Vorratsdatenspeicherung.

Mit dieser werden abermillionen Daten gesammelt. Früher hatten die Sicherheitsbehörden kilometerlange Regale mit Ordnern, heute haben sie unvorstellbare Datenmengen in ihren Computern gespeichert, insbesondere die Geheimdienste wie NSA oder BND.

Nur das Problem ist dasselbe wie früher. Welche dieser Daten haben eine Relevanz? Ob im Regal oder auf einem Rechner, dies ist oft nichts anderes als ein riesiger Datenfriedhof, der zum Missbrauch einlädt. Die Schwierigkeit besteht darin, die Drecksäcke zu erkennen und zu überwachen, die ernsthaft böse Absichten haben.

Was mir aber nicht in den Kopf geht, wenn man die Typen schon kennt, weshalb überwacht man sie nicht engmaschig? Wieso müssen die Daten aller Bürger gespeichert werden, statt dass man die Ressourcen auf die bekannten Gefährder konzentriert?

Dies macht doch nur dann Sinn, wenn man jeden Bürger als verdächtig ansieht. Und dann sind wir da, wo die Freiheit eines jeden Bürgers eingeschränkt wird.

Nein, wir brauchen einen anderen Ansatz. Ich habe dazu gestern einen Artikel in der ZEIT gelesen, der meine noch unfertigen Gedanken in seinem letzten Absatz halbwegs zusammenfasst:

„… Dazu müssen die Europäer sich mit den gutwilligen, fliehenden, dort unten um ihre Rechte kämpfenden Muslimen gegen jene verbünden, die Hass säen, gegen die Terroristen vom IS und gegen die herrschenden Islamisten in Saudi-Arabien, gegen den Massenmörder von Damaskus und gegen die brutale Diktatur in Ägypten. Das klingt schwierig, ist es auch. Doch haben wir ja schon damit begonnen: Der größte Feind des islamistischen Terrorismus ist die Willkommenskultur.“

Schlagen wir den Terrorismus jeder Couleur mit den Waffen der Freiheit, zugegeben manchmal wird diese mit Waffen durchgesetzt werden müssen. Wenn ich dazu in den nächsten Monaten meine Gedanken besser sortiert habe, werde ich nicht zögern den geneigten Leserinnen und Lesern diese hier mitzuteilen. Das Thema wird uns leider noch über Jahre begleiten.