Übergewicht, wo beginnt es? (04.01.2015)

– Die Deutschen werden immer dicker
– Übergewicht ist ungesund
– Aber wann spricht man von Übergewicht?

Im November letzten Jahres machten mal wieder Zahlen des Statistischen Bundesamtes die Runde. Danach sind 52 Prozent der Deutschen übergewichtig, Tendenz steigend. Bei den Männern sind 62 Prozent übergewichtig, bei den Frauen 43 %.

Nach allgemeiner Auffassung ist übergewichtig wer einen Body-Maß-Index (BMI) von über 25 hat. Als fettleibig gilt wer einen BMI vom über 30 hat. Ein Mann von 1,80 m Größe gilt ab einem Gewicht von 81 Kilogramm als übergewichtig. Damit soll dann auch das Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Krebs oder Herz-Kreislauf sich erhöhen.

Dass der BMI nichts über die Verteilung des Körperfetts aussagt, was entscheidend für ein Krankheitsrisiko sein kann, wird gern vergessen. Denn er berechnet sich nach Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern.

Vom Rostocker Zentrum für demografische Entwicklung wird ein Anstieg der Fettleibigen um 80 % bis zum Jahr 2030 erwartet. Einige, wie die Deutsche Diabetische Gesellschaft fordern deshalb bereits höhere Steuern für sog. ungesunde Lebensmittel.

Der BMI ist jedoch ins Gerede gekommen. Er berücksichtigt Körperbau, Fettverteilung und Muskelmasse nicht und behauptet deshalb fälschlich Übergewicht z.B. bei sportlich aktiven Menschen.

Man könnte sagen, übergewichtig wegen Sport. Ein Sportler, nennen wir ihn Herrn A., 1,87 m groß, 97 Kilogramm Gewicht, Körperfettanteil von 17 Prozent gilt mit einem BMI von 27,7 als übergewichtig. Deshalb musste er nach einem Check beim Arzt in seine private Krankenkasse mehr bezahlen, da der Versicherer wegen des BMI sein Erkrankungsrisiko für erhöht hielt.

Die Brüder Klitschko wären nach dem BMI nahezu adipös. Boxweltmeister Wladimir Klitschko hatte vor seinem Kampf gegen den Australier Alex Leapai bei 1,98 Meter Größe ein Gewicht von 112 Kilogramm. Somit einen BMI von 28,6, mithin deutliches Übergewicht.

Trotz dieser Ungereimtheiten wird der BMI ständig bei Studien eingesetzt. Selbst die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verwendet ihn. Manche meinen, dies liege daran, dass man nur zwei Werte für die Berechnung benötigt, was diese sehr vereinfache.

Dabei besagt die beim BMI nicht berücksichtigte Fettverteilung viel über Krankheitsrisiken aus. Fett im Bereich der Organe, nicht zuletzt das Bauchfett, ist gefährlicher als Fett am Oberschenkel.
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Eine andere Methode ist die Waist-to-Height-Ratio (WTR). Hier teilt man den Taillenumfang durch die Körpergröße. Der oben genannte Sportler, Herr A., hat einen Umfang von 95 Zentimetern bei 187 Zentimeter Größe, das ergibt einen Wert von 0,51. Damit liegt er im Normalbereich. Menschen über 50 Jahre dürfen sogar einen Wert bis 0,6 erreichen.

Eine weitere Methode ist der ABSI („A Body Shape Index“), der nicht nur Größe und Gewicht, sondern zusätzlich den Bauchumfang berücksichtigt. Allerdings muss hier genau knapp oberhalb des Hüftknochens gemessen werden. Und die Interpretation des Wertes ist nicht leicht. Die Entwickler haben einen Rechner online gestellt

Eine andere Methode wurde mir durch eine Antwort auf einen meiner Facebookposts bekannt, das Verhältnis Bauch zu Hüfte. Mit dem Bauch-Hüft-Verhältnis genannt Taille-Hüft-Verhältnis (THV) oder engl. Waist-hip ratio (WHR), wird das Verhältnis zwischen Bauch- und Hüftumfang gemessen: Bauchumfang in cm dividiert durch den Umfang der Hüfte in cm. Dieses Verhältnis soll bei Männern kleiner als 1.0 und bei Frauen kleiner als 0.85 sein.

Die perfekte Methode zur Vorhersage, ob ein bestimmtes Körpergewicht oder eine bestimmte Körperform gesundheitsschädlich ist, existiert demnach nicht. Deshalb keine Panik, wenn der BMI Übergewicht bescheinigt, sondern erst mal schauen, wo die Fette und wo die Muskeln sitzen. Und dann soll es noch Studien geben, die bescheinigen, dass Menschen mit leichtem Übergewicht länger leben, als Normalgewichtige. Aber an diesen werden handfeste methodische Mängel gerügt, so dass ich ohne weitere Recherche diese hier nicht bewerte (vielleicht später im Jahr).

Blöd nur, wenn alle Methoden einem ein kleines Übergewicht bescheinigen. Also mal überlegen, was ich von meinem abendlichen Speiseplan streiche. Und trotz allem schlechten Wetter (ich mag keine Kälte, schon gar keine nasse) wieder das Fahrrad statt des Autos aus der Tiefgarage hole.