Die Humboldt-Universität zu Berlin und ihre Bücher (23.11.2014)

Klägliches Bürokratieversagen oder Anlass für Verschwörungstheorien?

Wie an so vielen Hochschulen ist auch bei der Humboldt-Universität in Berlin der Baubestand zumindest in Teilen marode. Hier sprechen wir vom Dach der Juristischen Fakultät. Dieses ist seit vielen Jahren undicht, aber keiner weiß mehr seit wann. Und alle wussten es, die etwas dagegen hätten tun können, von den Professoren über die Bibliothekare bis hin zur Bauabteilung der Universität. Zunächst war von ca. 60.000 Büchern die Rede, die vom Schimmel befallen sind.

Unter dieses Dach schaffte man den kompletten historischen Teil der Bibliothek. Seit 1995 verbrachte man hierhin die Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. In der trockenen Hauptbibliothek verblieb die aktuelle Literatur.

Ende des Sommers 2014 ergab ein Gutachten, dass alle Bücher Schimmelsporen aufweisen. Die Leitung der Unibibliothek beschloss die Bücher zu vernichten, sprich zu verbrennen. Für eine Rettung sei kein Geld da. Leuchtet irgendwie ein, wenn schon für die Reparatur des Daches kein Geld da war.

Allenfalls die kostbarsten Bücher könnten saniert werden. Unklar war welche das sein könnten und wieviel dies kostet.

Es scheint noch nicht mal eine Liste über das Inventar gegeben zu haben und wo welches Buch steht. So wird in einer Mail geschrieben „es seien wertvolle und wertvollste Bücher dort oben, unter anderem Handexemplare mit Anmerkungen zum Beispiel von Philipp Heck und Liszt“.

Außerdem eine Originalausgabe des Code Napoléon, die seltenen ersten Jahrgänge des AöR (Archiv für öffentliches Recht). Außerdem diverse Zeitschriftensammlungen. Und nicht zuletzt eine Dissertationssammlung aus der DDR. Da wäre wohl mancher nicht traurig, wenn diese verschwinden würde. Insgesamt sollen es 171 laufende Meter DDR-Rechtsliteratur sein.

Ein großer Teil soll als Doubletten im Grimm-Zentrum oder in der Staatsbibliothek vorhanden sein.

Der Direktor der Universitätsbibliothek, Herr Dengkwitz, meinte, dass die Rettung einiger Unikate gesichert sei. Wenn die Professoren weitere Bücher retten wollten, sollen sie diese benennen. Die Vernichtung der anderen Bücher sei eine Notwendigkeit. Auf die Frage weshalb die Bücher unter ein undichtes Dach kamen, sagt er „wir hatten keinen anderen Platz“.

Nach dem Erscheinen des eingangs zitierten Artikels in der WELT sollen nun die Bücher nochmal gesichtet werden, um evtl. noch dort lagernde wertvolle Literatur in Sicherheit zu bringen. Dies spricht dafür, dass stimmt, was oben geschrieben wurde, dass keine vollständige Inventarliste existiert.

Laut einer weiteren Stellungnahme der Humboldt-Universität hat die Leitung der Universität nun beschlossen, den gesamten betroffenen historischen Buchbestand zu erhalten und auf dem Campus Berlin-Adlershof in trockenen Räumen zwischenzulagern.

Eine genaue Zählung habe nunmehr ergeben, dass nur 25.489 Bücher unter dem Dach lagerten. 2.450 Exemplare seien bereits entschimmelt. Bereits diese sich ständig ändernden Zahlen zeigen wie skandalös der Umgang mit den Büchern ist.

Die restlichen ca. 23.000 Bücher sollen nun auf Schimmelbefall untersucht werden, um sie dann zu dekontaminieren und austrocknen zu lassen. Auch dies ist widersprüchlich zu den ursprünglichen Angaben des oben genannten Gutachtens.

Was danach mit den Büchern geschieht ist noch nicht entschieden. Die Kosten seien noch nicht absehbar. Es soll aber Hilfsangebote geben. Über das weitere Vorgehen soll erst im Frühjahr 2015 oder später entschieden werden.

Ich kann mir nicht helfen, mir scheint dies alles wirr zu sein. Die Angaben widersprechen sich in weiten Teilen, der Bestand an Büchern ist eher unklar und die Sanierung der Bücher in keinster Weise gesichert. Bietet dies nun Anlass schlicht die Bürokratie in Haftung zu nehmen, die kläglichst versagt hat oder darf man an Verschwörungstheorien basteln?

Jedenfalls soll der Sanierungsstau an der Humboldt-Universität knapp 400 Millionen EURO betragen. Wenn man dann bedenkt wofür Berlin ansonsten das Geld auf den Kopf haut, müsste dies doch zu stemmen sein.

Für die Sanierung des Daches und einen lagerungsfähigen Ausbau des Magazins wären fünf Millionen EURO erforderlich. Die Uni könne dies allein nicht aufbringen.

Ach ja, wenigstens für das Dach soll es jedoch nunmehr einen Sanierungsplan geben.

Schauen wir mal was aus den Büchern geworden ist, wenn der eine oder andere meint, dass genug Gras über dieses Sache gewachsen ist. Ich werde zu gegebener Zeit wieder berichten.