Freiheit ohne Verantwortung (12.01.2014)

Wie war das nach Silvester bei Ihnen auf der Straße? Haben Sie auch überall Haufen von Müll aus der Nacht gefunden wie meine Frau und ich beim Neujahrsspaziergang? Leere Flaschen, Plastiktüten, Reste von Raketen und Böllern, große Packungen, in denen diese verkauft wurden.

Haben Sie sich gefragt, weshalb die Leute dies einfach liegen lassen anstatt selbst zu entsorgen. Was ist dies für eine Mentalität, die den Spaß individualisiert und dessen Folgen sozialisiert?

Aber dies ist bekanntlich nicht nur zum Jahreswechsel der Fall. Jeder kennt die Bilder vom Sommer. Parks und Fluss- oder Seeufer sehen nach sonnigen Wochenenden oft aus wie Müllhalden. Und wer darf dies beseitigen? Auch hier die kommunale Straßenreinigung mit dem Geld der steuerzahlenden Bürger.

Man fragt sich schon, warum dies hingenommen wird. Was ist daran verwerflich, wenn man erwartet, dass die Menschen ihren Müll selbst entsorgen, ggf. mit nach Hause nehmen und dort in die Tonne packen?

Und was wäre verwerflich daran, wenn man diese Menschen mit Hilfe des kommunalen Ordnungsdienstes dazu bringen würde, dies zu tun, ggf. mit Hilfe eines Bußgeldes? In New York soll dies gut funktioniert haben.

Aber in Deutschland ruft man lieber nach Toleranz. In Wirklichkeit wird jedoch Freiheit mit Grenzenlosigkeit verwechselt. In Wirklichkeit verweigert man Verantwortung für das eigene Handeln. Man will in einem Vollkaskostaat leben, der einem die Mühen für das eigene Leben abnimmt, während man das Vergnügen in vollen Zügen genießt. Man freut sich über die wenigen Deppen, die den Laden am Laufen halten.

Und dies trifft sich wundersamer weise oder vielleicht logischerweise mit der Raffgier in einigen Bereichen dieser Gesellschaft in den letzten Jahren.

Beispiele: Viele Manger, die ihre Firmen an die Wand fahren, werden nicht einfach entlassen, sondern bekommen noch eine Abfindung hinterher geworfen. Gleichzeitig werden im Rahmen der dann erforderlichen Sanierung Mitarbeiter entlassen. Und natürlich die Banken. Sie werden als zu „too big to fail“ eingestuft, man darf sie nicht in die Insolvenz schicken, weil sie dann das ganze System der Finanzwirtschaft in den Abgrund reißen könnten. So wurden hier bekanntlich Hunderte von Milliarden EURO aufgewendet.

Übernahme der persönlichen Verantwortung: Fehlanzeige. Im Gegenteil, einige der Verantwortliche streiten sich wegen der Streichung ihrer Boni vor Gericht.

Fazit: Wie da oben, so da unten. Freiheit finden alle toll, aber die damit verbundene Verantwortung wird abgelehnt. Und es funktioniert, da keiner auf die Übernahme von Verantwortung besteht, sondern im Namen der Toleranz alles erlaubt ist.

Mit der Verantwortung schwindet aber auch die Freiheit. Wenn die Regeln, die sich eine freiheitliche Gesellschaft gegeben hat, nicht mehr akzeptiert werden, dann wird irgendwann entweder Anarchie herrschen oder werden die freiheitlichen Regelungen stark beschnitten werden, wird es eine rückwärtsgewandte Bewegung geben.

Um aber der Verantwortung wieder zum Erfolg zu verhelfen bedarf es vor allem eines entsprechenden Verhaltens der sog. Eliten (sei es die Politik, sei es die Wirtschaft) einer Gesellschaft. Es darf nicht der Eindruck vorherrschen es gehe nur um den eigenen Vorteil. Und es bedürfte einer Medienlandschaft, die nicht jeden kleinen Fehler zu einem Skandal aufbläst, die verantwortungsbewusst über Regelverstöße berichtet, d.h. nicht jeden aus den oberen Sphären der Gesellschaft mit aller Härte verfolgt, während sie jeden Regelverstoß aus anderen Sphären der Gesellschaft mit Toleranz wegerklärt.

Ich weiß, es ist ein schmaler Grat, auf dem man hier wandert. Denn viele werden rufen, der will unsere Freiheit beschränken, ja vielleicht wird einem sogar unterstellt, man wolle einen Polizeistaat, weil man sich für die Einhaltung einiger Regeln des sozialen Zusammenlebens einsetzt.

Dem kann ich nur entgegenhalten, übernehmt Verantwortung für Euer Verhalten und schiebt diese nicht anderen zu.

Sie werden sich vielleicht wundern, weshalb ich nicht die Politik oder die Gewaltszenen in deutschen Großstädten explizit erwähnt habe. Nun, beide sind einen eigenen Artikel wert, aber das Jahr ist noch lang.