Deutschland, die Angst vor der Freiheit und die negative Rolle der Medien (24.11.2013)

Da läuft mir doch diese Woche ein Artikel in der Welt über den Weg mit der Überschrift „Die Deutschen wünschen sich mehr Verbote“. Nach Überwindung der ersten Fassungslosigkeit versuche ich mich mit dieser Aussage zu beschäftigen.

Es werden in dem Artikel die Ergebnisse des sog. „Freiheitsindex Deutschland 2013“ dargestellt. Dieser wird erstellt vom John Stuart Mill Institut für Freiheitsforschung an der SRH Hochschule Heidelberg in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach und dem Institut für Publizistik der Universität Mainz. Es wurde zum wiederholten Mal eine repräsentative Befragung der Bevölkerung und eine quantitative Medieninhaltsanalyse überregionaler Printmedien durchgeführt. Insbesondere letzteres ist interessant.

Auf einer Skala, die sich von -50 bis +50 erstreckt, befindet sich der für 2013 errechnete Freiheitsindex bei minus 2,7. Dies bedeutet, dass die Freiheit sich hinter Werten wie Gleichheit, Gerechtigkeit oder Sicherheit befindet. Im Vergleich zu 2012 ist die Freiheit weiter zurückgefallen. Denn in 2012 lag die Freiheit noch bei minus 0,7.

Und jetzt kommt der spannendste Teil. Dieser Rückgang ist auf die Ergebnisse der Medieninhaltsanalyse zurückzuführen. Die Bevölkerung sieht den Wert der Freiheit wesentlich positiver als die Medienberichterstattung. Aber es ist ja klar, dass die Freiheit auch beim Bürger verliert, wenn die Medien diese nicht wertschätzen, sondern vorgeben, dass eine Gängelung der Bürger durch Gebote und Verbote gut sei

Aber lassen Sie mich versuchen die Verboterits zusammen zu fassen, soweit dies aufgrund des Umfangs des Dossier (s. unten bei Quellen), möglich ist.

Eine überwältigende Mehrheit der Deutschen fordert demnach ungesunde Lebensmittel oder rechtsradikale Parteien per Gesetz zu verbieten. Jeder Zweite spricht sich dafür aus, brutale Filme und Videos zu untersagen.

Ca. 1/3 befürwortet, dass der Gesetzgeber hohe Parteispenden oder Pornofilme verbietet. 42 Prozent wollen linksradikale Parteien verbieten lassen, bei rechtsradikalen Parteien sind es 68 Prozent. Jeder vierte Deutsche will das Glücksspiel und jeder fünfte den Verkauf von hochprozentigem Alkohol unter Strafe stellen.

Interessant sind auch die Veränderungen zum Jahr zuvor. Bei fast allen Punkten findet sich eine Zunahme. Weiter wurde gefragt, was der Einzelne für wichtiger hält: Für die Freiheit entschieden sich 47 Prozent, für die Gleichheit 36 Prozent.

Für mich sind diese Ergebnisse ambivalent. Auf der einen Seite, bei konkreten Punkten, fordern große Teile der Bevölkerung Verbote, also eine Einschränkung der Freiheit und den Weg zur Gleichheit. Bei der abstrakten Fragestellung entscheiden sie sich für die Freiheit.

Bei der Analyse der Berichterstattung der Medien ergab sich dagegen eine eindeutige Richtung, gegen die Freiheit, für Verbote und für Gleichheit.

Verbote dominieren demnach nicht nur bei Innerer Sicherheit oder Kriminalität, wo man dies erwarten dürfte. Nein, sie dominieren auch beim sozialen Zustand des Gemeinwesens und bei der Wirtschaft. Laut dem Dossier geht letzteres auf die Debatte über die Begrenzung von Managergehältern zurück.

Und es steht zu befürchten, dass diese Richtung der Berichterstattung auf die Menschen durchschlägt.

Also geradezu ein Wunder, dass die Grünen bei der Bundestagswahl ebenfalls Verluste hinnehmen mussten. Aber Herr Özdemir versucht dies dadurch zu ändern, dass er die Grünen als Kraft der Liberalität und der Freiheit darstellt, in guter Tradition von Orwells 1984. Vielleicht wird ihm dies im Zusammenspiel mit den Medien sogar gelingen.

Aber vielleicht auch nicht, und dies ist ein Schwachpunkt der Studie: Man hat bei der Berichterstattung nur Printmedien berücksichtigt. Bekanntlich geht deren Auflage und damit deren Einfluss immer weiter zurück.

Es gibt also noch Hoffnung für die Freiheit.