Finanzierung von Fraktionen im Gemeinderat (19.07.2011)

Ein wichtiges Thema, wenn es darum geht, dass die Gemeinderäte frei und unabhängig entscheiden können. Aber auch ein Thema, bei dem sofort der Reflex kommt, dass sich die Politik selbst bedient.

Vor allem in größeren Städten schließen sich die einer Partei angehörigen Gemeinderäte zu Fraktionen ihrer Partei zusammen. Daneben gibt es dann oft noch örtliche Gruppierungen wie die Freien Wähler, die eigenständige Fraktionen bilden.

Und vor allem in größeren Städten ist die Arbeitsbelastung eines Gemeinderates mit Ratssitzungen, Vorbereitungen, Ausschusssitzungen sowie Teilnahme an Vereinsveranstaltungen sehr erheblich. Die Vereinbarung mit einem Beruf wird immer schwieriger. Dabei ist die Tätigkeit als Gemeinderat ehrenamtlich. Die von der Gemeinde bezahlte Entschädigung von z.B. derzeit 700 EURO im Monat in Karlsruhe reicht bei weitem nicht aus, den Zeitaufwand abzudecken. Für eine Gemeinderats- oder Ausschusssitzung müssen oft 100 Seiten Papier gelesen und verarbeitet werden. Hinzu kommt, dass oft die Unterlagen erst kurzfristig von der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden.

Nun könnte man sagen, ein Gemeinderat müsse ja nicht zu Vereinsveranstaltungen. Aber wo soll er sonst Volkes Stimme aufnehmen? Auch erwarten Vereine und Interessengruppen, dass sich die Gemeinderäte um sie kümmern.

Wenn sich die Gemeinderäte zu Fraktionen zusammenschließen, so hat dies den Vorteil, dass man bestimmte Themen einzelnen Personen zuweisen kann. Auch gibt es die Möglichkeit durch eine Geschäftsführung zumindest den organisatorischen Aufwand, z.B. Postsichtung, für den einzelnen Gemeinderat zu reduzieren.

Aber auch die Themen werden immer komplexer. So erfordern z.B. die Umweltthemen erhebliches Fachwissen, das man sich erarbeiten muss.

Mithin stellt sich die Frage, welche finanziellen Mittel dürfen den Fraktionen von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden, um hier Abhilfe zu schaffen.

Zu beachten ist, dass der Gemeinderat kein Parlament darstellen soll nach Rechtsprechung und Literatur, sondern Teil der Verwaltung ist, da er insbesondere keine Gesetzgebungskompetenz habe. Aufgabe einer Fraktion im Gemeinderat sei deshalb vornehmlich abweichende Meinungen der in ihr zusammengeschlossenen Gemeinderäte zu einem mehrheitlich für richtig gehaltenen Standpunkt zusammenzuführen, um so durch Vorwegbildung klarer Mehrheiten die Zusammenarbeit des Rates zu erleichtern und um eine zügige Bewältigung der Aufgaben des Gemeinderats zu ermöglichen.

Der Gemeinderat sei zwar parlamentsähnlich organisiert, die Aufgabenzuweisung durch Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) begrenze sein Aufgabenfeld jedoch zwingend auf Aufgaben der Exekutive. Er habe insbesondere kein originäres Gesetzgebungsrecht und auch nur eingeschränkte Kontrollrechte.

Einigkeit besteht darüber, dass sächliche Verwaltungs- und Investitionskosten oder Fortbildungskosten finanziert werden dürfen. Nicht bezuschusst werden dürfen z.B. Bewirtungskosten. Die Führung einer Geschäftsstelle und die Einstellung eines Mitarbeiters hierfür gelten ebenfalls als zulässig. Umstritten sind aber die Bezahlung von Beratern und die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit.

Letzteres ist mir unbegreiflich, denn wie soll der Bürger erfahren, was eine Fraktion tut, wenn diese keine Öffentlichkeitsarbeit machen darf? Aber dies will ich hier nicht thematisieren, da es an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde.

Bleibt die Frage, kann die Fraktion sich gegen Bezahlung Rat einholen und sich diese Zahlung von der Gemeinde erstatten lassen?

Dabei ist davon auszugehen, was die Gemeinderäte an Aufgaben haben und nicht nur, wie oben bereits dargestellt, was der Gemeinderat für eine Stellung innerhalb der Gemeinde hat.

Dies ist in den Bundesländern bereits wieder unterschiedlich geregelt. In manchen Ländern ist seine Aufgabe ausdrücklich die Kontrolle der Verwaltung. In Baden-Württemberg z.B. fehlt eine solche Bestimmung in der Gemeindeordnung.

Zumindest in größeren Städten ist dies aber in der Praxis die Grundfunktion des Gemeinderats. Die Bürger erwarten keine Kungelei zwischen Gemeinderäten und Verwaltung, sondern sie erwarten, dass die Gemeinderäte der Verwaltung genau auf die Finger sehen.

Wenn die Gemeinderäte dies sinnvoll tun wollen, müssen sie aber über erhebliches Fachwissen verfügen, dass sie sich bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit bereits aus zeitlichen Gründen nicht beschaffen können. Dieses können sie sich nur über hauptamtliche Mitarbeiter oder externen bezahlten Rat holen.

Nun wird oft damit argumentiert, dass dies nicht notwendig sei. Die Gemeinderäte hätten doch das Recht von der Verwaltung im erforderlichen Umfang objektiv informiert zu werden. Ich will der Verwaltung auch gar nicht abstreiten, dass sie dies versucht, aber manchmal kann man einfach nicht über den eigenen Tellerrand hinaussehen. Genauso wenig haltbar ist m.E. das Argument der Rat könne doch mit Mehrheit beschließen, der Verwaltung die Ausarbeitung von Alternativvorschlägen aufzugeben.

Dies hilft einer Minderheit im Gemeinderat wenig. Und ob die Verwaltung bei Alternativen, die sie intern vielleicht schon selbst verworfen hat, nochmals mit der notwendigen Objektivität prüft, ist eher nicht zu erwarten. Dies ist nur menschlich.

Somit bleibt einem Gemeinderat schlussendlich nur der Ausweg sich von anderen Personen, seien diese nun fest angestellt bei der Fraktion oder extern Rat einzuholen. Heute wird dies oft so erledigt, dass man Personen als Ratgeber zu Fraktionssitzungen hinzuzieht, die über Sachverstand in einzelnen Bereichen verfügen und diesen unentgeltlich zur Verfügung stellen.

Dies macht wenig Sinn, wenn sich auf der anderen Seite die Verwaltung selbst immer wieder externen Rat gegen gute Bezahlung holt. Und wie wir alle wissen, wer bezahlt bestimmt damit bereits zu einem gewissen Teil das Ergebnis.

Damit ist für mich klar, dass für eine freie Mandatsausübung es notwendig ist, dass sich die Fraktionen hauptamtliche Mitarbeiter im größeren Umfang anstellen dürfen oder sich Rat extern holen und dies auch von der Gemeinde finanziert werden muss.

Quellen

Meyer, Hubert, Praxis der Kommunalverwaltung, Loseblatt, Stand Juni 2009

Waibel, Gemeindeverfassungsrecht Baden-Württemberg, 5. Aufl., 2007